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Recruiting- und Bewerbungspraxis – Schluss mit der Show, jetzt wird es ernst!

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Die gängige Recruiting- und Bewerbungspraxis in Deutschland hatte ich im Jahr 2000 schon in meiner Diplomarbeit untersucht und kopfschüttelnd diagnostiziert: „Was für ein Schrott! Das kann gar nicht funktionieren.“ Dafür bekam ich überschwängliches Lob und einen Preis – und 15 Jahre später muss ich erkennen: Es hat sich bis heute nichts geändert. Nun ja, selbst ich gewöhne mich an vieles. Und wie sich das Recruiting verbessern lässt, darüber schreibe ich ja immerhin schon. Von der anderen Seite, der Bewerbungspraxis, habe ich bisher immer die Finger gelassen. Denn ich war und bin der festen Überzeugung, nicht jeden Kampf kämpfen zu müssen. Bis … ja, bis das Fass überlief. Und mich jetzt zu etwas „zwingt“, das ich nie tun wollte. Aber vielleicht haben wir ja alle etwas davon?

Bewerbungsratgeber – unfassbarer Blödsinn macht die Runde

Was war passiert? Nun, es war vermutlich eine unglückliche Verkettung tragischer Zufälle. Bei der ZEIT Online stieß ich auf diese Beiträge einer Kommunikationstrainerin, wie man richtig auf verschiedene Bewerbungsfragen antworten sollte. Ich war und bin entsetzt, und nicht nur ich, wie man den Kommentaren entnehmen kann. Liebe ZEIT, bitte, was ist da los? Sind Form und Inhalt ernst gemeint? Da sind zumindest einige Inhalte mehr als grenzwertig.

Dann las ich im in einer bekannten Tageszeitung von einem „Personalberater“ diesen unfassbaren Satz: „Ich muss aus dem Lebenslauf sofort erkennen können, ob der Bewerber die neue Tätigkeit packt„. Ergänzt wurde das Zitat mit „Der Personalberater greife schließlich auf Erfahrungen zurück“. Ich verlinke bewusst nicht auf diesen Artikel, das möchte ich weder dem Berater, noch dem Journalisten, noch Ihnen antun. Wie kann es passieren, liebe Leser, dass so ein absoluter Blödsinn veröffentlicht wird? Spätestens hier muss jeder durchschnittlich intelligente Leser an der Zunft der Personalberater (ver)zweifeln. Wenn ich anhand eines Lebenslaufes sofort erkennen könnte, ob der Bewerber den Job packt … dann kann auch ein Praktikant die perfekte Auswahl treffen! Ach so, stimmt, ist ja auch durchaus gängige Praxis! Ich kann also anhand eines Lebenslaufes sehen, ob jemand den Job kann? Aber natürlich auch nur dann, wenn der Bewerber (der sich alle paar Jahre mal bewirbt) den Lebenslauf richtig schreibt? Wozu brauche ich dann noch einen Personalberater? Genau, so einen Personalberater brauchen Sie auf gar keinen Fall. „Setzen, Sechs!“

Und zu guter Letzt erschien online mal wieder einer (von vielen) Berichten zum Thema „In x Schritten zum perfekten Bewerbungsfoto“ (Sie dürfen gerne einfach mal nach „Schritten“ „perfekt“ und „Bewerbung“ googlen. Suchen Sie sich die Treffer aus).

Das war der Moment, in dem in mir eine Sicherung durchknallte und ein Entschluss reifte. Ich werde etwas tun, was ich bisher immer vermieden habe: Ich werde Stellung zur Bewerbung beziehen. Und damit Gefahr laufen, mich einzureihen in die Hundertschaften von Bewerbungsratgeberautoren, -redner und –coaches, die im Bewerbungsschwachsinn erst ihren Verstand verloren und dann den Schwachsinn zur Kunst erhoben. Was für eine Tragödie. Was für Leid hat diese Zunft über unsere Arbeitswelt gebracht? Wie viele Bewerberseelen haben sie auf dem Gewissen? Die armen Unschuldigen, die trotz Einhaltung aller (Glaskugel)klaren Tipps mit ihren Bewerbungen am Schwachsinn des Systems scheiterten. Und am Ende einsam, verlassen, verraten und mit nackten Füßen über den kalten, rauen Asphalt erbarmungsloser Doktrin angeblich einzig richtiger Bewerbungsnormen schlurfend, den letzten Rest ihres Selbstvertrauens und Gerechtigkeitsempfindens im Rinnstein der Straße der Vergessenen ausbluteten.

Recruitingpraxis – die Geister, die sie riefen …

Sie finden, ich bin zu hart? Ja, Sie haben Recht. Denn angefangen mit diesem Blödsinn haben ja nicht die Bewerbungsratgeber, sondern die Unternehmen. Aber auch wenn ich eigentlich nie jemanden persönlich angreifen oder zu nahe treten will, hier musste ich klar Stellung beziehen. Denn was wäre Aufgabe der intellektuellen Ratgeberklasse gewesen? Richtig: Den Unternehmen den Finger in die Wunde zu legen, einen Spiegel vorzuhalten und zu sagen: „Stopp! Haltet ein! Wehret den Anfängen. Denn die Geister, die ihr ruft, werdet ihr nicht mehr los!“ Aber das taten sie nicht. Stattdessen haben sie unser Problem noch potenziert und den Bewerbern für gutes Geld schlechte Antworten und Maßnahmen auf noch schlechtere Fragen und Vorgaben eingebläut.

Und die eigentlich Schuldigen, die Unternehmen? Nun, schwimmend im Meer von Bewerbern, sicher stehend auf Deck des Personalauswahldampfers, angetrieben durch die immer „schlauer“ werdenden Bewerber und getragen auf der Welle des angeblichen Recruitingerfolges verrannten diese sich in immer dümmere, fadenscheinig intellektuelle Auswahlprozesse – und niemand gebot ihnen Einhalt. Und inzwischen ist fast jedes Wort, jeder Satz in dieser ganzen Bewerbungsshow so verklausuliert, so vom Unrat landläufigen HR Lallens überzogen, dass selbst einstmals gute Fragen längst in ihrem Kern vergiftet und unbrauchbar geworden sind. Der Bewerbungs- und Personalauswahlprozess ist zu einer Bewerbungshow verkommen. Eine Show, die ich gerne unter die Erde bringen würde. Die Grabrede hatte ich bereits Anfang 2013 gehalten. Doch das Biest hält sich hartnäckig. Aber damit muss Schluss sein.

Recruiting- und Bewerbungspraxis im Jahr der Kandidaten?

Ich werde reagieren. Der Anfang ist mit diesem, in der Wortwahl zugegeben harten Artikel gemacht. Warum jetzt? Weil ich es sonst vielleicht nie anfangen werde. Und weil wir 2015 haben. Das Jahr der Kandidaten! Kennen Sie noch nicht? Dann mal schleunigst hier bei Jo Diercks vorbeischauen und sich über die Blogger-Challange informieren. Und dran bleiben. Es muss sich was ändern, liebe Leser. Ich denke, da sind wir uns einig. Auf dem HR Innovation Day in Köln bekam ich wieder viel Zustimmung zu meiner These, dass wir den Menschen endlich in den Recruiting-Mittelpunkt stellen müssen. Die Zeit ist reif, aber das war sie auch schon im Jahr 2000. Bis der Neue Markt zusammenbrach und der 11. September kam. Aber wenn wirklich der Demografische Wandel in 10 Jahren Einzug in die deutschen Wirtschaftsetagen nimmt, dann sollten wir dafür gewappnet sein. Und die Lösung heißt nicht, noch krankere Auswahlprozesse zu entwickeln.

Recruiting- und Bewerbungspraxis – auch beim Recruiterslam!

Nachdem ich nun also die Videos auf ZEIT Online gesehen habe, war mir klar, das musst du machen, Henrik. Darum habe ich mich, auch wenn ich mich mit der Durchführung nicht ganz wohl fühle und nicht 100%ig mit dem Ergebnis zufrieden bin, für die Form des Videos entschieden. Warum? Nun, offensichtlich ist Video der neue Trend. Und außerdem muss ich schon mal üben. Für den Recruiterslam. Michael Witt, einer der Organisatoren, hat schon zum „warmbatteln“ aufgerufen. Wir suchen übrigens noch weitere Recruiter für das Battle. Wie wäre es mit Ihnen? Oder sonst als Zuschauer. Am 9. April in Stuttgart! Tickets gibt es bereits für 10 Euro.

Und ich hoffe, bis dahin sind Sie mir und meinen Ausführungen treu geblieben. Denn in den nächsten Wochen werde ich zu verschiedenen Aspekten im Recruiting- und Bewerbungsprozess per Video Stellung beziehen. Abonnieren Sie doch am besten gleich meinen Youtube Kanal bzw. die Playlist. Und bitte diskutieren Sie mit. Hier, oder wahrscheinlich am besten auf dem Youtube Kanal direkt. Und widersprechen Sie! Schlagen Sie bessere Alternativen vor! Lassen Sie uns diskutieren. Denn es gibt nichts zu verlieren. Schlimmer kann es nicht werden. Ich freu mich darauf!

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

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HR hinterfragt / HR Events 2015 / HR Jobs

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Nehmen Arbeitgeber sich im Recruiting zu wichtig? Diese Frage tauchte die Tage urplötzlich in meinen Hirnwindungen auf und ließ sich nicht mehr abschütteln. Wie komme ich nur auf so etwas? Komisch, oder? Ich meine, wer nimmt sich schon wichtig … Okay, ich gebe zu, ich war die letzten Wochen etwas gefährdet für solche abstrusen Gedanken. Sprangen mir doch wahrhaftig seltsame Ansichten über „gute Bewerbungen“ ins Auge. Wie konnte ich nur so unvorsichtig sein … Es wird wohl Zeit, sich mal wieder mehr „unters Volk“ zu mischen. HR Events sind dafür ja eine schöne Gelegenheit.

HR hinterfragt

Nach meinem letzten Artikel über die „Schwachsinnige Recruiting- & Bewerbungspraxis“ startete ich auf Youtube meine kleine „Kampfansage“ an HR und Bewerbungsratgeber mit der Anfangsbehauptung: Die Arbeitgeber nehmen sich im Bewerbungsprozess viel zu wichtig. Wenn Sie reinhören und -schauen möchten, hier geht es zu den beiden Vlog Beiträgen dazu. Warum soll ein Bewerber schreiben, dass er so gerne beim Unternehmen arbeiten möchte? Ob er dort wirklich arbeiten möchte, weiß er/sie ja noch gar nicht. Trotzdem legen viele Unternehmen im Anschreiben und persönlichen Gespräch genau auf diese Hinweise Wert. Dabei kann eigentlich zu diesem Zeitpunkt (Versenden bzw. Sichten einer schriftlichen Bewerbung) weder Bewerber noch Arbeitgeber sagen, ob es für beide Seiten passt. Denn: Eine klassische Bewerbung, wie wir sie alle kennen, ist als erstes Vorauswahlinstrument ziemlich ungeeignet. Genauso wie auch eine Stellenanzeige nur ein erster Indikator ist, was den Job in Echt ausmacht.

Ich weiß, Sie möchten mir gerne widersprechen. Das dürfen Sie auch. Ändert aber nicht meine Meinung. Dafür mache ich den Job schon zu lange und ja, ich nehme mich hier jetzt auch mal wichtig. Sonst nehmen Sie mich ja nicht ernst. Ich werde darauf in den nächsten Tag in meiner kleinen „Recruiting- & Bewerbungspraxis Challenge Reihe“ auf youtube eingehen. Hier nur ein erster kleiner Hinweis: Nehmen Sie z. B. ein Sachbuch in der Buchhandlung. Sie nehmen es in die Hand, lesen den Teasertext auf dem Buchdeckel und das Inhaltsverzeichnis … und dann? Wissen Sie dann, ob es ein gutes Buch ist? Was wirklich drin steht? Ob der Autor wirklich Ahnung von der Materie hat, über die er schreibt? Oder ob er nur an der Oberfläche bleibt? Ob Sie seinen Schreibstil mögen? Nein, das alles wissen Sie nicht. Sie wissen nur grob, worum es inhaltlich geht. Und am Inhaltsverzeichnis können Sie eine erste Tendenz ablesen. Weil z. B. die für Sie relevanten Stichworte auftauchen. Was müssen Sie also machen? Richtig, sich intensiv mit dem Buch beschäftigen (man könnte auch sagen: lesen). Wenn Sie das nicht machen, hat das Buch keine Chance. Und Sie verpassen vielleicht ein richtig tolles Buch. Und genauso ist es mit schriftlichen Bewerbungen. Mehr als ein erster Indikator über die fachliche und persönliche Qualifikation kann sie nicht sein. Zu grob, zu oberflächlich um eine valide Aussage über die Qualität des Buchs treffen zu können.

Ha, ich wette, bis hierhin und mit diesem wording stimmen Sie mir sogar zu. Wunderbar, dann gehen wir den nächsten Schritt. Um im Beispiel zu bleiben, müßten Sie jetzt jeden Bewerber, der ansatzweise die richtigen Stichworte liefert, „lesen“. Also die Person, nicht den Lebenslauf. Und das geht bei Menschen nur direkt. Persönlich. Im Dialog. Also rufen Sie Ihre Bewerber an oder laden Sie sie gleich zum Gespräch ein. Jeden, der ansatzweise die richtigen Stichworte mitbringt! Aber genau an diesem Punkt wird es komisch (also nicht im Sinne von „lustig“ sondern im Sinne von „seltsam“). Denn anstatt das zu tun, fangen die Personaler an, auszusortieren. Weil sie ja so viele Bewerbungen haben. Und so wenig Zeit. Oder so. Ja, nach was für Kriterien wird denn (aus)sortiert? Das sollten doch gute Kriterien sein, oder? Erklären Sie ein Buch für inhaltlich schlecht, weil Ihnen das Cover nicht gefällt … ? Nicht wirklich, oder? Aber genau das machen die Arbeitgeber. Mehr dazu demnächst wieder hier (sonst wird der Artikel wieder zu lang …) Ich will Sie doch noch auf ein paar Events und drei HR Jobs hinweisen!

HR Events 2015

Mr. Personalmarketing2Null Henner Knabenreich hat mal wieder einen sauberen Job gemacht und bietet einen an. Naja, nicht richtig einen Job. Also, Sie müssen sich schon bewerben. Aber nicht für einen Job, sondern für einen tollen Event. Nämlich den „etwas andere Net(t)working Event für frechmutige Personalx am 8. Mai in Wiesbaden. Da sollten Sie dabei sein, wenn Sie Lust haben, die HR Welt ein wenig frischer zu gestalten. Das wird sicherlich einer DER HR Events 2015!

Zeitlich etwas näher dran ist die Social Media Week in Hamburg nächste Woche. Da könnten Sie dann mit mir diskutieren. Auf dem Karrierehafen, dem Open Space für Ausbildung, Job und Karriere. Am Mittwoch, dem 25.2.2015. Über bessere Jobfindungs- und Bewerbungsstrategien. Z. B. mit feelgood@work. Gibt aber natürlich auch noch andere Möglichkeiten.

Vielleicht schlägt Ihr Herz aber eher für den grundsätzlicheren Ansatz des „newwork“? Dann habe ich zwei weitere Eventempfehlungen für Sie. Einmal den „work in progress“ Event am 13. März. „Natürlich“ wieder in Hamburg. Oder das „LifeWorkCamp“ am 20.-21. März in … na … natürlich in Berlin. Nicht zu verwechseln mit dem HR BarCamp am 25.-26. Februar in Berlin. Dafür gibt es allerdings auch leider keine Karten mehr. Aber die HR Blogger und ich werden auf jeden Fall berichten. Wie auch schon letztes Jahr. Es gibt also viele Möglichkeiten, sich außerhalb des eigenen Jobs mal was Gutes zu tun. Ach so, eventuell habe ich da noch was für Sie. Falls Sie sich beruflich verändern wollen.

HR Jobs

Ich habe meine Tätigkeit als Personalberater ja aufgegeben. Aber wenn mein Netzwerk mich freundlich fragt, unterstütze ich gerne mal auf diesem Weg. Vielleicht ist da ja was für Sie dabei?

Zum Einen sucht ein bekanntes Modehaus in Stuttgart eine/n „Recruiter Digital“, wie ich den Job mal nennen möchte. Hier ist richtig Musik drin, denn die Stelle ist neu geschaffen und soll sich rein um das Recruiting der Online- & IT Jobs kümmern. Hier kann noch richtig gestaltet werden. Muss allerdings auch. Von Active Sourcing über Konzeption von speziellen Recruitingevents ist vieles angedacht. Beratung des Fachbereichs sowieso. Ich habe Team und Chef persönlich kennengelernt und empfehle beide gerne weiter. Wenn Sie mehr wissen möchten, funken Sie mich einfach an.

Und dann gibt es noch zwei Jobs als Senior Sales Manager bzw. Teamleiter Sales (beides natürlich m/w) bei einem bekannten Talent Sourcing Anbieter im Rheinland. Beratender Vertrieb von Talent Sourcing Lösungen, vor allem bei Konzernen und Großkunden. Home Office möglich. Auch hier kenn ich die handelnden Personen persönlich und gebe gerne weitere Informationen.

Also, ich hoffe, wir lesen, hören oder sehen uns bzw. voneinander. Demnächst. Digital. Ohne live und in Farbe. Würde mich freuen. Achso, und zum Abschluss empfehle ich Ihnen noch einen Artikel, den ein „junger HR’ler“, Stefan Nette, jüngst beim HR Manager veröffentlichen durfte. „HR muss sich stärker positionieren„. Die Meinung führt er übrigens auch auf seinem blog aus, mit sehr interessanten Interviews. Schauen Sie doch mal vorbei. Online, meine ich.

Herzlichen Gruß,
Ihr Henrik Zaborowski

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HR Barcamp 2015 – oder: Wenn innovative HR’ler pragmatisch sind!

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HR Barcamp 2015

HR Barcamp 2015

Das HR Barcamp 2015 ist leider schon wieder Geschichte. Und doch „für lange Zeit“ lebendig. Denn es lebt weiter in einem jeden von uns, der diesen großartigen Event besucht hat … ok, ist zu pathetisch, geb ich zu. Aber das kennen Sie doch von mir. Aber im Ernst, für alle die nicht dabei waren, gibt es trotzdem Infos. Es lebe das Netz. Und Sie werden merken: Auch innovative Formate bringen reichlich Pragmatismus ans Tageslicht.

HR Barcamp 2015 – zwischen Gegenwart und Vergangenheit

So Formate wie das HR Barcamp haben den immensen Vorteil, von reichlich „netzaffinen“ Menschen besucht zu werden. Die fleißig twittern, posten und bloggen. Da lässt sich über #hrbc2015 bzw. #hrbc15 seeeehr viel nachträglich mitverfolgen und nachlesen. Und Ralf Junge hat mit seinem Team JEDE Session dokumentiert und stellt die Mitschriften hier für alle zur Verfügung. DANKE, Ralf! Die ganz emsigen Teilnehmer, wie Svenja Hofert zum Beispiel, haben schon gleich am ersten Abend eine kleine Zusammenfassung geschrieben. Respekt. Und sie haut nebenbei auch gleich eine starke These raus: Transformation ist die einzige Existenzberechtigung von HR! Naja, wo sie Recht hat … Sie sieht in der Durchführung des Barcamps aber durchaus auch Licht & Schatten. Die Qualität einiger Session gilt es in Zukunft sicherlich nochmal zu steigern / sicherzustellen. Immerhin: Wem es nicht gefällt, wechselt einfach die Session. So einfach ist das.

Was war für mich dabei? Nun, die bestätigte Erkenntnis, dass HR Arbeit „people business“ ist und darum, zumindest im Recruiting, wir keine Standards brauchen, wie Wolfgang Brickwedde gefragt hat. Vielmehr brauchen wir kluge, mitdenkende und mit gesundem Menschenverstand handelnde HR’ler und Fachbereiche. Wunderbar auch die aus der Praxis erworbene Erkenntnis von Judith Oldekop von der Swisscom, dass eine EVP völlig überbewertet wird. Weil wir nie nie nie in einem Unternehmen ein und die selbe Kultur oder eben EVP leben werden. Das ist völlig unrealistisch. Da schlage ich allen jungen, idealistischen HR KollegInnen vor: Vertraut dem aus langjähriger Erfahrung gewonnenem Pragmatismus von so Haudegen wie Marcus Fischer, Bernd Konschak oder eben Judith Oldekop! Die sehen das Thema deutlich entspannter, als einem so manche „Employer Branding“ Agentur vorgaukeln möchte. Die Diskussion über das „interne Employer Branding“ brachte uns u.a. zu der Frage, ob der „Welcome Day“ für Neustarter in vielen Unternehmen nicht eher ein brainwashing ist. Oder eine Chance, wirklich die echte Unternehmenskultur zu verkünden. Die dann im täglichen Arbeiten auch erlebbar wird. Womit wir bei der Bedeutung der Führungskräfte sind. DIE sollten wissen, nach welchen Regel und Wertevorstellungen im Unternehmen gearbeitet und geführt werden soll. Ist das Aufgabe von HR, dieses Wissen weiterzugeben? Ich denke schon. Einer muss es ja machen, wenn nicht direkt das Top Management, wie uns Anne Engelshowe von ihrem Arbeitgeber CareFlex berichtete.

Womit wir beim nächsten Stichwort sind. Top Management. Wir halten fest: Einen Kulturwandel erreicht kein Unternehmen durch die Erarbeitung einer EVP. Sondern wer ist einzig und allein in der Lage, die Unternehmenskultur zu prägen oder zu ändern? Na? Richtig, Sie ahnen es … die Führungskräfte bzw. das Top Management. Und damit waren wir bei einem meiner Lieblingsthemen. Ich halte die Mehrheit der Personaler ja für basisdemokratisch und einfach „nett“, darum kommt von denen auch nie jemand ins Top Management. Und meine Erfahrung (die mir immer wieder bestätigt wird) ist, dass Geschäftsführer, Gründer und Unternehmer in der Regel vieles vieles wollen: Aber mit Sicherheit nicht ihre Mitarbeiter glücklich machen! Dafür hat niemand ein Unternehmen gegründet. Typen wie Götz Werner von dm gibt es halt zu wenig. Die meisten sind gewinnfokussiert. „Damit sichern wir die Arbeitsplätze“ … ja klar, Auge. Und jetzt wurde es richtig spannend. Denn Monika Kraus-Wildegger von GOODplace ist sich ziemlich sicher, dass Unternehmen mit diesen Führungskräften in den nächsten Jahren scheitern werden. Weil sie nicht vorbereitet sind auf die Marktveränderungen durch disruptive Innovationen. Ich bin da wesentlich desillusionierter und behaupte: Die werden noch lange lange überleben, ohne was ändern zu müssen. Weil das Produkt z. B. gut ist, der Markt läuft und – was wir nicht vergessen dürfen – diese Unternehmen haben in der Regel in der Vergangenheit Gewinn ohne Ende eingefahren. Und den nicht ausgegeben. Die kaufen einfach ein innovatives Unternehmen mit besserem Produkt, verleiben sich das Produktwissen ein und gut war es wieder für die nächsten 20 Jahre. Da muss sich doch niemand ändern. Oder reduzieren im Zweifel die Mitarbei … äh Kosten und leben noch so lange, dass die Gründer oder Geschäftsführer gut leben können. Freunde, das juckt das Top Management doch gar nicht, wenn der Laden den Bach runtergeht! Die haben ihre Kohle gemacht. Ich muss aufhören, ich werde sonst noch als sozialistisch abgestempelt. Naja, PR Profi Helge Weinberg war so nett, mir mit seinen Erfahrungswerten zur Seite zu springen. Auch er ist, sagen wir mal, skeptisch. Nun, das wird eine Wette auf die Zukunft. Ich bin gespannt.

HR Barcamp 2015 – zwischen Gegenwart und Zukunft

Auf der Rückreise sprach ich mit zwei Teilnehmern und wir hielten fest: Viele tolle, innovative Gedanken mitgenommen! Aber die wandern jetzt erstmal in die Schublade, denn bis die im Unternehmen umsetzbar sind … da fließt noch viel Wasser die Weser runter und Bremen wird nochmal Meister! Von daher hat das HR Barcamp fast etwas deprimierendes … Nein, hat es natürlich nicht! Es ist einfach inspirirend mit so manchen „Meistern ihres Fachs“ zu sprechen und zu sehen und zu hören, was alles so geht. Im „online advertising“ zum Beispiel, von Volker Seubert angeregt. Was Technik und Expertise aus Google, Facebook & Co. rausholen können, um potentielle Bewerber zu erreichen und den Bewerbungsprozess genau zu verfolgen … RESPEKT! Da können Stepstone & Co. eigentlich einpacken. Dass die Jobbörse mit ihrem fixen Preismodell und unflexiblen Leistungen trotzdem noch so gut leben, ist ein Paradebeispiel für die Gesamtsituation von HR: Vieles ließe sich ändern, es fehlen aber Wissen, Zeit, Wollen (auch vom Top Management) und Ressourcen. Oder wie Bernd es auf den Punkt brachte: Ich kann doch nicht ein bisher funktionierendes (oder „scheinbar funktionierendes“) System wie Jobbörsen canceln und etwas Neues auszuprobieren, von dem ich noch nicht weiß, ob es funktioniert! Das genehmigt kein Management! Was braucht HR also? Spielgeld! Zum Ausprobieren. Aber wo gibt es das, wenn nicht im Keller? Naja, es gibt ja pragmatische Ansätze, die nicht gleich das ganze System auf den Kopf stellen. Stellenanzeigen mit „pay per click“ Modellen. Damit machen wir bei feelgood@work für unsere Kunden sehr gute Erfahrungen. Bewerbungen für den Bruchteil der üblichen Anzeigenkosten. Ohne Mehraufwand. Ach so, und haben Sie sich schon mal die Frage gestellt: Was darf eigentlich eine Bewerbung kosten? Wenn Sie da nen benchmark für uns hätten … wobei, wir arbeiten da gerade an ersten Lösungsansätzen.

Aber Bewerbungen ist nochmal so ein Stichwort. Judith und ich hatten eingeladen. Zur Session „Mitarbeiter als Recruitingbotschafter“. Eins meiner weiteren Lieblingsthema, aber, sorry, das wissen Sie ja längst. Lief auch ganz gut, denke ich. Wir hatten drei Themen: Der Fachbereich als Talent Relationship Manager. Der Fachbereich als Multiplikator. Und der Fachbereich im eigentlichen Auswahlprozess. Die drei Gruppen haben tolle Aspekte, Vorteile und Risiken ausgearbeiten. Vielen Dank nochmal dafür. Fazit war: Ja, der Fachbereich darf viel viel stärker einbezogen werden. Aber es sollte immer ein Zusammenspiel von HR und Fachbereich sein. Ob HR allerdings seine Aufgaben in so starkem Maße abgeben will wie möglich wäre … ich weiß es nicht. Es wäre eine Arbeitserleichterung. Mit der gewonnen Zeit könnte HR sich z. B. weiterbilden. War auch ein Thema beim Barcamp. Wie hält HR sich eigentlich auf dem Laufenden? Das wird ein ewiges Geheimnis bleiben, denn ganz ehrlich: Die auf einem HR Barcamp anwesenenden Personaler sind glaube ich nicht repräsentativ … Aber irgendwann kennt vielleicht auch die Mehrheit von HR die relevanten blogs :-)

Also, Sie merken schon, es gab viel zu diskutieren. Wie messe ich Recruitingerfolge? Welche tools braucht HR? Wie sollte eine Stellenanzeige aussehen … Aber ich mach jetzt Schluss. Bin bald zu Hause. Und dann ist Wochenende. Genießen Sie es – ich mach das jetzt auch mal. Vorher sage ich aber den beiden Organisatoren Christoph Athanas und Jannis Tsalikis ein ganz DICKES Dankeschön für die Orga vor und während des Barcamps. Ihr ward wieder Spitze!

Ach so, und bleiben Sie dran! In den nächsten Tagen werden mit Sicherheit zahlreiche blogartikel zum HR Barcamp 2015 erscheinen. Einfach mal googlen. Das kennen Sie doch :-) Und achten Sie auf den Fight zwischen Martin Gaedt und Tim Oliver Pröhm zur Frage: „Gibt es den Fachkräftemangel nun oder nicht“.

Und (danach ist wirklich Schluß): Gönnen Sie sich einen Absacker mit diesem echt faszinierenden Event/Kampagne von keinem geringeren als dem frechmutigen Jörg Buckmann und seinen „unsichtbaren, kunstvoll inszinierten Talenten“.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

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Der Lebenslauf in der Personalauswahl – ein „Nichts“ als Star! Ist das denn wahr?

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Welche Rolle spielt eigentlich der Lebenslauf in der Personalauswahl? Eine sehr große, oder? Naja, zumindest in der gängigen Praxis eigentlich aller Unternehmen. Zu Recht, werden Sie sagen. Was haben Personaler denn sonst als Erstes von einem Bewerber? Richtig. Und doch ist der Lebenslauf (und das unsägliche Anschreiben) der unglaubliche Beweis dafür, wie Tradition, Gewohnheit und Faulheit einem das Hirn vernebeln und ein „Nichts“ zum Star einer ganzen „Recruiting-Zirkustradition“ können. Und weil das niemandem auffällt, lebt der Lebenslauf munter vor sich hin – und lacht sich eins. Zu Recht.

Der Lebenslauf in der Personalauswahl –  ach, was soll ich sagen?

Ich hatte das Thema ja schon bei „HR hinterfragt“ angedeutet und auf meinem vlog die Frage gestellt, ob „Arbeitgeber sich zu wichtig nehmen“. Alle Arbeitgeber fordern von Bewerbern einen Lebenslauf, ein Anschreiben und Zeugnisse. Und ich frage mich: Warum eigentlich soll ein Bewerber so einen Aufwand betreiben, wenn er doch noch nicht mal weiß, ob sich der Aufwand lohnt. Naja, immerhin gibt es ja seit 2013 (!) so Ideen einer „One Click Bewerbung„. Wenn sich die Idee auch nur sehr mühsam aus dem Keller ins Tageslicht schleppt. Bis die sich durchsetzt, bleibt es beim Klassiker, dem Lebenslauf. Das ist auch völlig in Ordnung. Wenn … ja, wenn die Unternehmen endlich mal lernen würden, richtig damit umzugehen. Das tun sie aber nicht. Obwohl sie so tun. Also, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Ich bringe es mal auf den Punkt: Es hält sich hartnäckig die Illusion, dass „zwei bis drei Seiten Papier“ (digital oder gedruckt, geschenkt) als Auskunft über die berufliche und persönliche Eignung eines Menschen zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit geeignet sind. Ha! Wenn es noch nicht bei Ihnen klingelt, dann anders: Wir treffen die Vorentscheidung, welcher komplexen und vielschichtigen Persönlichkeit mit vielfältiger Lebenserfahrung wir einen wichtigen Job (alle Ihre Jobs sind doch wichtig, oder?) und damit vielleicht Budget-, Projekt- oder Führungsverantwortung übertragen – anhand von „zwei bis drei Seiten Papier“. Wie verantwortungslos ist das? Eigentlich müsste ich schreiben: Wie dumm ist das denn?! Und damit ist eigentlich alles gesagt! Aber wir machen es trotzdem. Wir alle. Unfassbar. Und das Kranke an der Sache ist: Nicht die Unternehmen suchen nach alternativen Lösungen aus dem Dilemma oder einer Optimierungsmöglichkeit. Ach was, ich bitte Sie! DAS wäre doch wirklich zu lächerlich. Nein, die Unternehmen übertragen die Verantwortung für diese Lachnummer auf die Bewerber! Und niemandem fällt es auf. Im Gegenteil. Es finden sich sogar immer noch Personaler (und Personalberater), die wohlwollend Tipps geben, wie der perfekte Lebenslauf auszusehen hat. Die Huffington Post hat z. B. hier solche Tipps zum Lebenslauf veröffentlicht. (Nicht) lustig ist auch dieser uralte Artikel von 2010, wo „Personaler ihre Vorlieben verraten„. Bzgl. einer Bewerbung, meine ich. Allein dass sich jemand traut, so einen Titel zu wählen … Wenn ein Personaler Vorlieben zu einer Bewerbungsform äußert, wie inhaltlich wertvoll und objektiv kann dann so ein Dokument noch sein? Egal.

Googlen Sie mal, wenn Sie zu viel Zeit haben. Was Sie an Tipps finden werden, ist nicht nur … ähm … an Banalität kaum zu überbieten, sondern auch noch voll von Widersprüchen. Oder ich formuliere mal so: Was dem einen Personaler gefällt, findet der andere doof. Der eine möchte nicht zu viel Eigenwerbung, der andere empfiehlt ne ordentliche Portion davon. Einer möchte den Lebenslauf „nett, knapp und prägnant“, der andere vermisst Erklärungen, was wann warum gemacht wurde. Von solchen, aus meiner Sicht völlig abstrusen, angeblichen „geht gar nicht“ Fehlern wie Rechtschreibfehlern, „falsches Foto“ und Art der Formatierung will ich hier gar nicht schreiben. DAS sind definitiv keine sachlichen Auswahlkriterien. Aber mit der Meinung bin ich in der HR Welt relativ allein (Nee, stimmt gar nicht. Gerade gab es auf CIO.de mal wieder einen guten Artikel „Arbeitgeber übersehen die besten Bewerber“.) Wie auch immer, die Kernbotschaft, die die Personalertipps (für alle, die zwischen den Zeilen lesen können) aussenden ist auf jeden Fall deutlich: „Liebe Bewerber, macht es wie ihr wollt, ihr könnt eh nicht wissen, was euer Gegenüber lesen will. Ich will es so und so und der Rest ist mir egal.“ Und von dieser Unsicherheit lebt die Riege der Bewerbungsratgeber sehr gut. Und keiner tut was dagegen. Also gegen die Widersprüche. Ist alles akzeptiert.

Und genau hier setzt meine Kritik an. Wie kann es sein, dass es die Arbeitgeber (ich möchte jetzt nicht auf „den Personalern“ rumhacken) geschafft haben, Standards und Kriterien für eine Vorauswahl anzusetzen, die nichts, aber auch rein gar nichts mit den fachlichen und persönlichen Kompetenzen eines Bewerbers zu tun haben? Das ist für mich ein großes Mysterium! Ich bin jetzt mal ganz böse und formuliere darum etwas allgemeiner: Weil die Arbeitgeber nicht in der Lage oder Willens sind, sachlich korrekte Auswahlinstrumente und -kriterien zu finden und anzuwenden, haben sie eigene, nicht relevante Auswahlkriterien geschaffen. Das ist an sich schon nicht schön, aber es kommt noch schlimmer: Statt diese Tatsache verschämt zu vertuschen, in der Hoffnung, niemand würde es merken, erklären sie diese unsinnigen Richtlinien auch noch lautstark und wohlmeinend und empfehlen den Bewerbern, diese einzuhalten.

Das ist doch eigentlich eine Bankrotterklärung eines ganzen Berufsstandes (in diesem Fall dann doch der Personaler, sorry). Ich meine, dann sagt doch wenigstens ganz offen: „Wir haben keine Ahnung, wie wir nur anhand von Bewerbungsunterlagen die richtigen Bewerber identifizieren sollen. Darum haben wir uns ein paar Scheinkriterien ausgedacht. Wenn Du, lieber Bewerber, sie einhältst, heißt das zwar nicht, dass Du den Job kannst. Aber es heißt, dass Du uns unsere Arbeit erleichterst, uns hilfst die Illusion aufrecht zu erhalten, wir würden einen guten Job machen – und Du eine große Chance hast, eingeladen zu werden.“

Der Lebenslauf in der Personalauswahl – und HR will auch noch mitreden!

Ich muss aufpassen, dass ich mich mal wieder nicht verliere. Ich wollte doch über den Lebenslauf schreiben und driffte wieder ins Grundsätzliche ab. Sorry! Ich gelobe Besserung und versuche weitere Gedanken dazu jetzt und in Zukunft auf meinem vlog zu formulieren. Aber ich möchte Ihnen noch ein völlig abstruses Beispiel erzählen, das die Krankhaftigkeit dieses Systems zeigt: Ein Bekannter von mir, ein erfahrener Manager, kommt über sein Netzwerk mit dem Geschäftsführer einer kleinen Tochtergesellschaft in Kontakt. Für den Geschäftsführer wird seit Monaten ein Nachfolger gesucht. Erfolglos. Jetzt sitzen sich die beiden gegenüber und am Ende sagt der Geschäftsführer zu meinem Bekannten: Sie bringen die relevante Erfahrung für den Job mit, Sie passen persönlich hier rein, und das Branchenwissen, das lernen Sie schnell. Ich sage Ihnen jetzt ganz genau, was Sie in Ihren Lebenslauf schreiben müssen, mit dem Sie sich bei der Zentrale bewerben. Schreiben Sie genau das, sonst haben Sie keine Chance. Und erwähnen Sie bloß nicht, dass wir schon gesprochen haben. Das wird in der Zentrale nicht gerne gesehen.“

Kommt Ihnen das Vorgehen bekannt vor? „Passen Sie Ihren Lebenslauf an das Unternehmen an“. Lesen Sie in allen Bewerbungsratgebern. Und dann ist da noch HR und will ein Wörtchen mitreden. Was haben wir uns hier für einen Irrsinn herangezüchtet? Denn was passiert jetzt? Jetzt muss ein Bewerber, der den Entscheider schon überzeugt hat, mit einem unpersönlichen Dokument, einem Lebenslauf, eine unbekannte Person (HR) überzeugen, dass er der richtige Kandidat für den Job ist. Ende ungewiss. Sie können genauso gut eine Münze werfen. Dabei waren die beiden doch eigentlich schon drei Schritte weiter. Also, ich finde das ziemlich bescheuert. Klar, Sie können jetzt sagen, „HR ist die objektive Instanz und verhindert „Klüngelei“. Und Jörg Höfig hat diese und andere völlig richtige Aspekte zu meinem Artikel „Skandal: Führungskraft schlägt HR“ kommentiert. Ja, HR hat durchaus seine Berechtigung. Aber auch hier, bitte machen Sie sich klar: Ein Unternehmen vertraut einem Geschäftsführer die Leitung einer Tochtergesellschaft hat, die jedes Jahr einige Millionen Gewinn erwirtschaftet. Aber es traut ihm nicht zu, in einem persönlichen Gespräch eine erste Tendenz abzugeben, ob der Bewerber passen könnte oder nicht. Die müssen den ja nicht gleich einstellen. Nur zum 2. Gespräch einladen. Aber die Vorauswahl soll bitte HR anhand von zwei Seiten Lebenslauf machen. Sorry, das ist krank! Ich sage nur „Münze werfen“. Ist Ihnen das lieber? Ach so, übrigens, nicht ganz überraschend: Mein Bekannter hat von HR noch nichts gehört. Der GF ist auch schon ganz unruhig … Professionell ist anders, oder?

Der Lebenslauf in der Personalauswahl – was sonst?

Wie kann eine Lösung aussehen? Schwierige Frage. Ich weiß, jetzt kommen wieder alle Eignungsdiagnostiker … das ist ok. Es gibt gute Ansätze, die sich aber auch noch nie so richtig in der breiten Masse durchgesetzt haben. Mit einigen bin ich in Kontakt und ganz grundsätzlich sollten Sie mal bei Jo Diercks vorbeischauen. Ich denke ein ganz wichtiger Anfang ist gemacht, wenn wir anerkennen, dass die Fehlerquote in der Erstauswahl mit Lebenslauf höher ist als wir immer denken. Es werden zu viele eigentlich passende Bewerber aussortiert. (Warum ich das mit gutem Gewissen behaupte, erkläre ich wie gesagt demnächst auf meinem Vlog. Hier muss ich jetzt mal langsam zum Ende kommen.) Der einfachste Weg, die Fehlerquote zu verringern? Nicht raten, nicht warten – Hörer in die Hand und den Bewerber anrufen. Und die Zweifel offen ansprechen. „Das Buch lesen“ wie ich letzten schrieb. DAS ist schon ein echter Schritt nach vorne, glauben Sie mir. Oder gehen Sie halt gleich über Netzwerke. Echte, meine ich. Wo Menschen Menschen empfehlen, die sie auch wirklich kennen und empfehlen können.

Und wir sollten anerkennen, dass viele Jobs gar nicht so extrem anspruchsvoll und die meisten Arbeitgeber gar nicht so besonders sind. Und viele Jobs daher gar nicht die „mega-geniale Auswahl“ erfordern. Sondern vor allem eine gute Führung. Dann klappt’s auch mit dem Mitarbeiter … Naja, und was meinen Sie, wie viele Ihrer Mitarbeiter einen Job haben, den andere besser machen könnten? Einige, versprochen. Aber so ist das Leben, grämen Sie sich nicht. Und der beste und passendste Mitarbeiter kann jederzeit ein durchschnittlicher Mitarbeiter werden. Weil sich der Chef ändert, die Rahmenbedingungen, die familiäre Situation des Mitarbeiters. Dann war Ihre ganze aufwändige Personalauswahl für die Katz. So sieht das Leben aus.

Also, mehr dazu auf meinem vlog. Und wie immer gilt: Widerspruch und Zustimmung sind willkommen!!!

Herzlichen Gruß,
Ihr Henrik Zaborowski

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#newwork – kann auch ganz schön alt sein! Einblicke in die Praxis!

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Social Recruiting#newwork, #FutureofWork, #workinprogress … #irgendwas, egal! Hauptsache, das Kind hat einen Namen. Die Arbeitswelt verändert sich. Sagen manche. „Hier ist es wie seit 30 Jahren“, sagen die anderen. Ist die Beschäftigung mit der Veränderung der Arbeitswelt eine brotlose Kunst oder absolute Notwendigkeit? Hängt davon ab, wen Sie fragen. Und damit meine ich nicht die Berater, die damit Geld verdienen wollen. Nun, ich bin der festen Überzeugung, bei dem Thema geht es nicht (nur) darum, dass alle sich bei der Arbeit wohlfühlen und selbstbestimmt arbeiten können (wer ist schon wirklich selbstbestimmt?). Es geht um echte Existenzen. Es wissen nur bisher die wenigsten …

#newwork mit „Work in Progress“ von XING

Work in Progress 1Vom 12.-14. März fand der „Work in Progress“ Event in Hamburg statt. Volles Haus, möchte ich sagen. Und volles Programm. Ich war nur am Freitag dort und wie immer gab es spannende und weniger spannende Vorträge und Themen. Spaß gemacht hat die Podiumsdiskussion mit Christian Beinke von darkhorse, deren Buch „Thank God it’s Monday“ ich schon mal empfohlen habe. Ein Traum, wie die darüber schreiben, wie sie selber versuchen, bessere Formen der Zusammenarbeit zu finden. Umantis war da, die zusammen mit einem der Gründer von oose Informatik, Bernd Oestereich, über ihre Art der Unternehmensorganisation berichteten. Und auch die Schwierigkeiten in der Umsetzung. Zum Teil hatte ich in dem oben verlinkten Artikel schon drüber berichtet. Sehr cool fand ich die Antwort von Bernd Oestereich von oose auf die Frage, welchen Typ Mitarbeiter man denn für so eine soziokratische Organisationsform bräuchte. Moment? Soziokratisch?? HÄ?

Organisationsform oose

Antwort: Ganz normale Menschen. Also keine „hippen“ oder „expliziten Querdenker“ oder sonst was. Die Mitarbeiter führen die Einstellungsgespräche selber. Wichtig ist, dass es menschlich passt. Und dass die Neuen vorher wissen, worauf sie sich einlassen. Das wäre ja ein Beleg dafür, dass die meisten von uns mit neuen Organisationsformen klar kämen. „Hoffnung“!

Irgendwie lustig war auch der Vortrag von Uwe Lübbermann von Premium Cola. Der Mann hat über 1600 Vertragspartner (Getränkehändler, Spediteure, Lieferanten, Gastro …) – und alles ohne Verträge! Wozu Verträge? Entweder ich vertraue meinem Partner oder nicht. Und was ist, wenn sich Rahmenbedingungen ändern, durch die die vertraglich vereinbarten Bedingungen für einen der Vertragspartner nachteilig wirken? Hat der dann Pech gehabt? Unser Wirtschaftssystem würde sagen: Ja, so ist das halt. … sagt: Nein, warum muss das so sein? Dann finden wir eben neue Regelungen, die unter den neuen Bedingungen für beide Seiten zufriedenstellend sind. Jeder Partner in der gesamten Lieferkette weiß übrigens, was er und alle anderen an einer Flasche „verdient“. Das nenne ich Transparenz.

Oder lassen wir Premium doch mal selbst zu Worte kommen: (Quelle eigene homepage)

„Premium ist eine kleine Getränkemarke ohne Büro, die seit über 13 Jahren existiert und vieles bewusster regelt als die „normale“ Wirtschaft. Das Projekt wird von einem Internet-Kollektiv nach dem Prinzip der Konsensdemokratie gesteuert und bis in Details wie z.B. „Anti-Mengenrabatte“, „feste Umsatzanteile in die Alkoholismusvorsorge“ oder „veganer Etikettenleim“ optimiert – und bis zum freien Premium-Betriebssystem entwickelt.“

Seit 13 Jahren arbeitet der Mann so! Ganz schön alte „newwork“, oder? Wenn ich Ihnen jetzt noch schreibe, dass Premium Cola keine Gewinne erzielen, sondern nur die Kosten decken will … ich weiß, verrückt! Aber es funktioniert. Hammer! Gut, Lübbermann hat acht Jahre lang kein Geld verdient. Das muss man sich auch erstmal leisten wollen. Und reich wird er damit auch nicht. Will er aber auch gar nicht! Das führt auch dazu, dass er Aufträge ablehnt. Weil sie z. B. zu groß sind. Dann müsste er ja in etwas investieren von dem er nicht weiß, ob es Bestand hat. Also z. B. mit Investitionen die Produktion ausweiten. Und was, wenn der Kunde dann nur einmal so eine große Menge abnimmt? Dann hat er unnötig Schulden gemacht. Ach so, wenn dem Getränkehändler vor Ort eine Kiste kaputtgeht, übernimmt Premium Cola einen Teil der Kosten. Warum? Warum nicht? Wir schütteln den Kopf, aber es funktioniert.

Ich könnte noch viel mehr schreiben, aber am besten schauen Sie mal auf Twitter unter #wiphh und #wip15. Und Lars Hahn hat einen schönen Artikel zum Vortrag von Jeremy Rifkin verfasst. Eine super Zusammenfassung (wie kann es anders sein) kommt auch von Svenja Hofert, in der auch die (zu Recht) kritischen Töne nicht fehlen. Leseempfehlung für alle, die #newwork auch gesellschaftlich relevant sehen. Und andere Beispiele für Unternehmen, die heute schon auf andere Organisationsformen achten, finden Sie u.a. bei dem Projekt Augenhöhe. Oder bei feelgood@work, z. B. beim Unternehmen elbdudler.

#newwork – schon seit 2002

Wussten Sie, dass „newwork“ gar nicht „neu“ sein muss? Premium Cola praktiziert sein Geschäftsmodell schon seit 13 Jahren. Und die Firma Weidmüller hatte auch schon zur Jahrtausendwende erkannt, das was passieren muss. Sie kennen Weidmüller nicht? Na, kein Wunder. Ist mal wieder so ein „hidden champion vom Lande“ mit 4.600 Mitarbeitern und Aktivitäten in über 80 Ländern. Oder wie das Unternehmen auf seiner homepage selber über sich schreibt: „Weidmüller – unser Name steht seit über 160 Jahren für Leistung, Kompetenz und Zuverlässigkeit auf den Gebieten Maschinenbau, Prozessindustrie, Gerätehersteller, Energiesektor und Verkehrstechnik.“

Vor einigen Tagen hatte ich ein Telefonat mit Dr. Niggemann von der Firma Weidmüller. Dr. Niggemann ist Naturwissenschaftler (Physik & Chemie) und hat 7 Jahre Batterien entwickelt, bevor er zu Weidmüller als Leiter Werkzeugbau kam. Und in dieser Position merkte er im Jahr 2003 auf einmal: Wir habe keine Ahnung von Technologien der Zukunft! Und selbst wenn wir das Wissen hätten, wie kriegen wir es in die Organisation? Das war der Auslöser für den Start einer eigenen Akademie. Viele würden sagen: Ein HR Thema. Aber in der Praxis klar getrieben von den Fachbereichen. DIE haben die Not. HR übernimmt dann später die Koordination. Diese Einschätzung teilt zumindest auch Dr. Härtel, Managing Director bei GE Global Research. Aber dazu mehr in einem anderen Artikel. Zurück zu Weidmüller.

Da erkennt jemand Anfang 2002 „Wir müssen was für die Zukunft tun“. Und das Konzept, das Dr. Niggemann damals für das Management schrieb, ist in den Inhalten immer noch identisch mit dem, was er heute schreiben würde. Soviel zum Thema „newwork“ … Egal, also, was macht Weidmüller und warum? Weidmüller bündelt in seiner Akademie die Themen Bildung, Nachwuchssicherung und Vernetzung. Vernetzung ist ja eines meiner Lieblingswörter, wissen Sie doch. Darauf springe ich immer an. Welche Initiativen oder Netzwerke gibt es, in denen sich Weidmüller engagieren sollte? Immer mit dem Blick auf die nächsten 3-5 Jahre. Und wie bekomme ich bestehendes und neues Produktwissen in die Köpfe von Mitarbeitern und Kunden! Die übrigens auch ein hervorragender Partner für die Produktverbesserung sind. Genauso wie Lieferanten und Technologiepartner.

Und auch (Weiter)Bildung kann ganz praktischen Nutzen haben. Mit einer eigenen „Schülerakademie“ werden jedes Jahr rund 2000 Schüler für Technik begeistert. Von Schulveranstaltung bis zu mehrtägigen Praktika. Außerdem vermittelt Weidmüller in der dualen Ausbildung 140 Azubis zusätzlich Methoden- und Sozialkompetenz.

Durch die Betreuung ausgewählter Hochschulen (bitte nicht mit Hochschulmarketing verwechseln) ist Weidmüller nicht nur eng an den Technologien dran, mit denen sich dort beschäftigt wird. Sondern das Unternehmen holt sich jedes Jahr auch noch 80 Studenten für Praktika und 40 für Abschlussarbeiten rein. Und damit vor allem deren Wissen und Kompetenzen. Denn was ein Fachbereich aufgrund vom Tagesgeschäft nicht leisten kann, kann ein Student sehr wohl: Sich mit neuen Themen beschäftigen und diese, wo relevant, für die Fachbereiche aufbereiten. Denn Praktikanten bekommen auch immer Sonderaufgaben, die das Praktikum extra interessant machen.

Viel Aufwand, oder? Da stellen sich mir doch gleich mehrere Fragen: Warum machen die das? Und was bringt es?
Warum? Dr. Niggemann hat die wirtschaftlich elementare Frage gestellt: Wie schaffen wir es, als weltweit aktives KMU technologisch immer vorne mit dabei zu sein? Die kommenden Herausforderungen durch den Demographischen Wandel, die Industrie 4.0 und die Komplexität durch die Globalisierung deuteten sich ja schon vor 10 Jahren an. Genauso wie die Veränderung der Wertegesellschaft bei den jungen Leuten! Es gilt alt und jung zusammen zu bringen. Die Strategie war schnell klar: Die Innovationskraft in Deutschland stärken, denn im Premiumsegment etabliert man sich nur durch Innovationen. Und wie schafft man Innovationen? Durch Bildung. Nicht nur fachlich, sondern auch durch „menschlich & soziale“ Bildung. Wie Erik Haendler schon bemerkte: Wir befinden uns im 6. Kondratieff! Die Fähigkeit, mit „anderen“ (Nationalitäten, Disziplinen, Alter, „Typen“) zusammen zu arbeiten, wird eine Schlüsselkompetenz der zukünftigen Arbeitswelt!

Tja, und jetzt denkt sich ja so ein Idealist wie ich: Klar, wer das alles sieht, der handelt – und fragt nicht nach dem ROI. Oder dem Nutzen. Oder der Notwendigkeit. Aber Sie wissen es besser als ich. Sie wissen: Natürlich kommt die Frage „Und? Was bringt das kurzfristig? Ist das messbar?“ So ging und geht es auch Dr. Niggemann. Die Akzeptanz für die Akademie musste er sich erarbeiten. Und auch heute noch immer wieder den Nutzen / Mehrwert aufzeigen. Nur, wie messbar ist das alles? Weidmüller verfügt über eine sehr geringe Fluktuationsquote und sehr gute Reputation als Arbeitgeber. Für die 80 Praktika und 40 Abschlussarbeiten bekommt Dr. Niggemann über 1000 Bewerber pro Jahr. Das war vor 10 Jahren noch ganz anders. Und vor allem: Vor zehn Jahren musste er intern hausieren gehen. „Kann noch jemanden einen Praktikanten beschäftigen?“ Die Fachbereiche haben eher den Mehraufwand gesehen, weniger den Nutzen. Praktikanten, die den Alltag hinterfragen, sind unbequem. Heute haben viele Fachbereiche gelernt, dass sie vor allem echten Nutzen daraus ziehen. Aber auch immer noch nicht alle.

Komisch, oder? Das, was den Fortbestand eines Unternehmens sichert – die Weiterbildung und Vernetzung der Mitarbeiter – muss immer wieder gerechtfertigt werden. Ganz ehrlich? Meines Erachtens haben die wenigsten Manager die Notwendigkeit von Weiterbildung ihrer Mitarbeiter bisher erkannt. Darum diese Diskussionen.

Aber was soll’s? Arbeiten wir weiter dran, das zu ändern. Z. B. durch so einen tollen Event von GE Global Research zur „Future of Work“ im Rahmen der GE Garages 2015 in Berlin. Aber darüber berichte ich Ihnen in einem anderen Artikel.

Also, vernetzen Sie sich – das macht übrigens auch richtig Spaß, wie Sie hier sehen können :-)

smwhh selfi Lars Hahn

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

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Bewerbung und Personalauswahl – ohne Hirn und/oder mit Robotern?

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Social Recruiting„Bewerbung“ ist ein schreckliches Thema für einen Artikel, finde ich. Personalauswahl ist auch nicht besser. Ist doch alles schon gesagt. Das meiste nutzt nur nichts, wenn es nicht angewendet wird. Wie mein Kommunikationsprof zu sagen pflegte: „Getretener Quark wird breit, nicht stark„. Recht hat er. Doch gerade wurde ich wieder auf echten Schwachsinn als Bewerbungstipp (wie ich finde) aufmerksam gemacht. So etwas scheint nie auszusterben. Aber, es gibt auch durchaus diskussionswürdige Gedanken. Hoffe, Sie sehen das ähnlich.

Bewerbungen – und die Bedeutung der Schriftart

Ha, warten Sie! Bevor Sie jetzt denken „Die Bedeutung der Schriftart in einer Bewerbung? Hä? Zaborowski, nimm mich nicht auf den Arm“, geben Sie mir ein paar Sekunden. Denn ja, die Schriftart einer Bewerbung hat eine große Bedeutung. Das hat zumindest der Focus publiziert. Nachzulesen und -hören in diesem Artikel. Wenn Sie z. B. „Times New Roman“ verwenden, vermitteln Sie laut der Experten den Eindruck, dass Sie sich keine richtigen Gedanken über die Schriftart gemacht haben. Times New Roman ist nämlich langweilig und altmodisch! Ha! Und jetzt kommen Sie! Jetzt kennen Sie den Grund für Ihre Absagen. Mann, mann, mann. Das hätte einem doch mal gesagt werden müssen, oder? Sie sollen sich doch nicht überlegen, ob Sie zu dem Job passen. Wer macht denn noch sowas? Nein, auf die Schriftart kommt es an. Dann klappt’s auch mit der Zusage.

Ganz ehrlich: Das fällt, verbunden mit dieser Bewerbungsratgeberreihe der ZEIT, in die Kategorie „Ohne Worte„. Unfassbar. Mag ja sein, dass eine Studie herausgefunden hat, dass Betrachter manche Schriftarten besser oder schlechter finden. Hey, eine Studie! Die gibt es wie Sand am Meer. Aber ist das relevant? Bitte? Nein, verdammte Axt. Schriftart … ich fass es nicht. Liebe „Experten“, wenn ihr sonst keine Probleme habt. So, und jetzt löse ich auf, warum die Schriftart doch von Bedeutung ist. Liebe Entscheider und Unternehmenslenker: Wenn irgendeiner Eurer Führungskräfte oder Personaler jemals sagt, „die Bewerbung hat aber eine altmodische Schrift, die sortieren wir aus„, über dessen Eignung in seinem Job sollten Sie mal gründlich nachdenken.

Bewerbungen – schreiben Sie doch was Sie wollen

Da halte ich es schon eher mit Svenja Hofert und ihrem Artikel auf Spiegel.de „Bewerbung XXL: Schreiben Sie doch,was Sie wollen„. Zugegeben, ich bin nicht ganz unbefangen. Immerhin hat sie mich um meine Meinung gebeten. Und tatsächlich bin ich mir nicht sicher, ob ich ihren Aussagen 100% zustimmen kann. Ein zweiseitiges Anschreiben im amerikanischen Stil ist dann auch nichts, was ich unbedingt empfehle in Deutschland. Naja, ich empfehle ja eigentlich eh den Dreizeiler. Was wiederum Gilbert Dietrich, Philosoph und HR’ler, ganz anders sieht. Für ihn kommt das Anschreiben in der Bedeutung weit vor dem Lebenslauf. Naja, bei ihm kommt der Lebenslauf aber auch eh weiter hinten in der Rangfolge. Was er damit meint, erklärt er ein wenig in meinem Interview mit ihm, dass wir im Rahmen der GE Garages „Future of Work“ in Berlin aufgenommen haben.

Personalauswahl – ohne Hirn und/oder mit Roboter

Zu guter Letzt möchte ich Sie auf das neue Thema vom „4. Blind HR Battle“ von Stefan Scheller hinweisen. „Algorithmen können menschliche Recruiter ersetzen„. „Ja“, sagt Jan Kirchner von der Wollmilchsau. „Nein“ sagt Michael Witt von Voith. Ich bin klar auf der Seite von Michael, allerdings … ganz ehrlich: Wenn ich mir die Entwicklung der Technologie so anschaue … warum sollte der Computer nicht bald besser sein? Wenn ich mich mit dem IT’ler Christian Schrader von feelgood@work unterhalte … da werden manche Zukunftsszenarien gar nicht mehr so abwegig. Und ich meine, der menschliche Recruiter ist in der Regel ja auch nicht wirklich gut. Zumindest in der erlebten Praxis. Dass unsere Personalauswahl nichts taugt …. diese Meinung vertrete ich nach wie vor. Da passiert vieles, was unter die Kategorie „einfach mal nicht weitergedacht“ fällt. Interessant ist, dass lt. Dr. Rüdiger Hossiep (einem der Eignungsdiagnostik-Päbste in Deutschland, Sie kennen mit Sicherheit alle „sein“ BIP) Deutschland auf einem der letzten Plätzen bei der Nutzung von eignungsdiagnostischen Instrumenten in der Personalauswahl liegt. Und auch er, wie ich, feststellt, dass in Deutschland in sehr hohem Maß der Zufall über Erfolg im Job entscheidet. Das hat viele Gründe, einer davon ist aber auch, dass die Personalauswahl anhand der bekannten Kriterien (Noten, Abschlüsse, vergangene Erfolge etc.) vor allem eine sehr unsichere, zufällige Nummer ist.

Ein klasse Redner übrigens, wie ich finde. Trockene Art, Wahrheiten auf den Punkt zu bringen. Hier hat er ein gutes Interview zum Thema „Psychopathen in der Wirtschaft“ gegeben. Reinschauen lohnt sich.

So, ich hatte mir schon für 2015 vorgenommen, kürzere Artikel zu schreiben. Diesmal ist es mir gelungen. Hoffe, das ist ok für Sie. Dann bleibt nur noch zu sagen: Diskutieren Sie doch mit, beim 4. Blind HR Battle. Wer trifft die besseren Auswahlentscheidungen? Der Mensch oder der Roboter?

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

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Karriere – oder: Wie das Leben so spielt! (Teil 1)

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RecruitingKarriere – was ist das überhaupt? Und kann „man die machen“? Viele würden sagen: „Ja klar! Alles eine Frage des Wollens!“. Ich sage: „Das kommt auf das Leben an“. „Das Leben“ – ein spannendes Etwas, das in unserer Arbeitswelt irgendwie keine Rolle zu spielen scheint. In Managementbüchern findet sich nichts über das Leben. Dafür ganz viel über Methoden, Standards und Theorien, wie Wirtschaft funktioniert. Und Organsiationen. Und Menschen. Aber „das Leben“ kommt in diesen Büchern nicht vor. Und damit haben sich alle Managementtheorien als nutzlos geoutet. Aber ich schweife wieder ab.

Letzten Samstag hielt ich bei den HR Innovation Day 2015 in Leipzig einen etwas konfusen Vortrag über das Recruiting – und das Leben. Und was dann folgte, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Karriere – wenn das Leben nicht mitspielt

Der, nicht nur in der HR Blogger Szene geschätze Prof. Peter Wald hatte mich als Keynote Speaker zu seinen „HR Innovation Day 2015“ nach Leipzig eingeladen. Mit der Bitte (und Vorankündigung) „gegen den Strich zu bürsten“ und „ruhig kontrovers zu sein“. Grundsätzlich kein Problem für mich, aber ich fühlte mich dann doch unter Druck. Als Thema hatte ich mir das „Recruiting der Zukunft“ auf die Fahne geschrieben. Aber in der Vorbereitung konnte ich mich nicht auf einen Schwerpunkt festlegen. Auf der Hinfahrt bastelte ich schnell doch noch ein paar Folien und entschied mich am Abend vorher dafür, ruhig etwas philsophisch zu werden. Entsprechend war der Vortrag nicht wirklich detailliert ausgearbeitet. Das machte aber anscheinend nichts. Denn anschließend bekam ich jede Menge positiver Reaktionen (die ich Ihnen hier erspare, der Artikel wird eh schon wieder zu lang …). Wer sich die Präsentation ansehen möchte (die allerdings ohne die gesprochenen Ergänzungen nicht ganz selbsterklärend ist) findet sie hier auf meinem slideshare Profil.

Was ich gleich mit Ihnen teilen möchte, ist die „Lebensgeschichte“ einer Zuhörerin, die mir anschließend schrieb. Und die damit wieder bewies, dass Karriere eben nicht (immer) planbar ist. Genauso wenig wie Erfolg! Sondern vor allem von ganz vielen Umständen abhängt. Auf die wir oft keinen Einfluss haben. Denn „manchmal kommt es eben anders als man denkt“. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch ganz herzlich das Buch „Organisation in Komplexität“ von Niels Pläging empfehlen. Er räumt mit der Illusion auf, dass sich Organisationen in die Zukunft steuern lassen. Das ist absoluter Blödsinn. Genauso wie die Illusion, Erfolg sei individuell – und ich ergänze: planbar!

Aber nun, damit der Artikel nicht endlos wird: Hier der Brief der Zuhörerin. Wie sie selber schrieb, sicherlich „alles bissl überspitzt formuliert“. Aber der Kern passt. Also, wie Spaß beim Lesen vom Leben. Demnächst folgt dann auch noch ein kleiner „Teil 2“.

Karriere – als Wendekind

„Ich bin ein typisches „Wendekind“. Abitur 1991 mit „Eins“ abgeschlossen. Ich war von der 9. bis zur 12. Klasse auf einer Spezialschule zur Vorbereitung auf das Russischlehrerstudium, d.h. wir hatten Russischunterricht bei Muttersprachlern und nach dem Abitur war ein Lehramtsstudium angesagt: natürlich Russisch mit allen möglichen Kombis: Deutsch, Englisch, Geographie, Geschichte oder Sport…wenn ich mich richtig erinnere. Natürlich habe ich das Studium (Russisch/Englisch) 1991 an der Uni Potsdam begonnen. Nach zwei Semestern konnte ich es nicht mehr ertragen:
+ vorsintflutliche Lehrmethoden. Hörtexte in Fremdsprache vom Tonband
+ uralte Professoren
+ Zeithorizont: mind. 5 Jahre plus noch ein Jahr Referendar wo auch immer in der Republik
+ und die entscheidendste Frage: Wer braucht noch Russischlehrer???

So verließ ich die Uni im Juni 1992. Geläutert von diesem „hoch wissenschaftlichen Studium“ wollte ich jetzt was ganz anderes machen, was mit Menschen. Ich wollte Sozialpädagogik studieren. Dafür brauchte ich vorab ein gültiges Praktikum. Gern hätte ich im Kinderheim gearbeitet, aber man bot mir einen Praktikumsplatz im Altenheim in meiner Heimatstadt an. Am ersten Tag begann mein Dienst auf Station 3 damit, dass die Oberschwester zu mir sagte: „Sie gehen in dieses Zimmer und erledigen den Morgendienst.“ Dann drehte sie sich auf dem Absatz um; mit einer Fahne von Wodka und Zigaretten schwebte sie in ihr Büro zurück. Ich öffnete die zugewiesene Zimmertür. Eine Geruchsmischung aus Fäkalien und verbrauchter Luft stieg mir in die Nase. Ich sollte fünf ältere bettlägerige Herren waschen, windeln und rasieren.

In mir kämpfte die Übelkeit mit der Frustration. Nach diesem Tag wollte ich da nie wieder hin gehen und schon gar nicht mehr Sozialpädagogik studieren. Aber mein Vater sagte: „Was man angefangen hat, muss man auch zu Ende bringen.“ So betete ich die nächsten zwei Monate für jeden Tag, den ich lebend die Station wieder verlassen konnte. In dieser Zeit gab es auf der Station drei Todesfälle, zwei schwere Stürze mit Brüchen und keinerlei Zeitvertreib für die alten Menschen, geschweige denn hätte jemand Zeit gehabt, mit ihnen spazieren zu gehen oder mal ein nettes Wort zu wechseln.
Heute kann ich diese Zeit mit etwas Abstand betrachten und bin nur noch traurig über die Zustände dort. Wenn man einmal in so einer Einrichtung drin ist, flachen alle Wahrnehmungen und Gefühle ganz schnell ab. Übrigens, die Oberschwester hat sich zwei Jahre später erhängt.

So begann ich im September in meiner Heimatstadt eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau. „Gute Beziehungen“ meiner Mutter und der Satz: „Mit Sprachen kann man auch im Tourismus viel anfangen“ hatten mir diese Lehrstelle ermöglicht. Schon im ersten Jahr meiner drei Jahre Ausbildung lernte ich den „Mut zur Selbständigkeit“ der neuen West äh Ostbürger kennen: meine Chefs waren ein Ehepaar, die sich vor einem Jahr mit dem Reisebüro selbständig gemacht hatten.

  • Sie: verkaufte nebenbei Versicherungen und wollte natürlich auf den Zug der „neuen Reichen“ durch Videotheken, Reisebüros oder Fitnessstudios aufspringen. Wir hatten damals ungelogen 13 Reisebüros in der Stadt bei noch ca. 18.000 Einwohnern, vor der Wende waren es gut 25.000… der „Schwund“ war jetzt im Westen.
  • Er: gelernter Dreher mit einem Hang zu Zahlen: daher machte er gleich einen Kurs als Berater im Lohnsteuerhilfeverein.

Leider hatte das alles nichts mit Tourismus zu tun. So ging ich brav zur Berufsschule und am Nachmittag ins Reisebüro, weil ja sonst niemand da war, der „Ahnung hatte“. Eigentlich hätte ich die Ausbildung lt. meinem Klassenlehrer an der Berufsschule eher abschließen können, aber das wollte natürlich mein Ausbildungsbetrieb nicht. In den drei Jahren hatte ich für so viel Umsatz/Gewinn gesorgt, dass sich beide ein nagelneues Auto (bar bezahlt) leisten und ein schlüsselfertiges Haus bauen konnten. Mein Lehrlingsgeld waren damals im 3. Lehrjahr 405,00 DM…das lag knapp unter der Beitragsbemessungsgrenze der Krankenkasse, so dass ich wenigstens keine Beiträge zahlen musste.
Ich war auch richtig selbständig: hatte eine 28 qm Wohnung mit Ofenheizung und WC war eine halbe Treppe tiefer, welches immer von zwei Mietparteien zu benutzen war.

Am Tag vor meiner mündlichen Abschlussprüfung sagte meine Chefin zu mir: „Ab morgen bist Du unsere Büroleiterin und wir werden neue Lehrlinge einstellen, die Du dann ausbilden darfst.“ So motiviert schaffte ich meine mündliche Prüfung und natürlich den Abschluss gesamt wieder mit „Eins“.
Leider nütze mir das wohl so gar nichts. Als ich das Büro als „Fachkraft“ betrat, kam mir meine Chefin schon wild gestikulierend entgegen. „Wir müssen alles anders machen. Sie müssen sich arbeitslos melden und in sechs Monaten stelle ich Sie mit einer tollen Förderung wieder ein. Na, wie finden Sie das?“ Mir fehlten die Worte und selbst wenn nicht, was hätte ich darauf antworten sollen. So ging ich zum Arbeitsamt und meldete mich…hätte ich ja so oder so machen müssen.
Ich hatte noch eine wichtige Zahl bei meiner Heimatstadt zu diesem Zeitpunkt vergessen: 28 % arbeitslose Einwohner, zu denen ich jetzt auch gehörte.

Durch mein geringes Lehrlingsgeld hatte ich nicht viel zu erwarten. So ging ich trotzdem jeden Tag ins Reisebüro. Das ging fast genau sechs Monate so. Es war der 30. April. Voller Hoffnung dachte ich an den 02. Mai, weil ja da meine Notlage enden sollte. Doch weit gefehlt. Inzwischen hatte sich das Ehepaar an den Status gewöhnt und wollte natürlich mehr vom Kuchen. Also O-Ton: „Überlegen Sie sich doch mal über den Maifeiertag, wie Sie die Karre aus dem Dreck ziehen und wir noch mehr Umsatz machen können. Ansonsten können wir Sie nicht wieder einstellen.“
Ohne Kommentar verließ ich das Büro. Am 2. Mai teilte ich meiner „Ex-Chefin“ mit, dass ich nicht mehr gewillt war, für irgendjemand die „Karre aus dem Dreck zu ziehen“. Da fing sie an zu weinen und meinte: „Was sollen wir nur ohne Sie machen?“ Ich hatte die Bürotürklinke schon in der Hand und entgegnete: „Zur Insolvenz bringe ich Ihnen einen Blumenstrauß.“ Das dauerte dann nur 8 Monate, aber dafür waren mir die Blumen dann zu teuer.

So konnte ich mich jetzt auf die Suche nach einer neuen Stelle konzentrieren. Drei Monate später hatte ich ein Gespräch bei einer Fahrschule. Die Chefin war die erste Fahrlehrerin, welche im Land Brandenburg alle Klassen ausbilden konnte. Sie wollte auch ein zweites Standbein, wenn die Fahrschüler aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge ausgehen sollten.
Sie sagte: „Sie machen das schon!“ Sie haben doch schon mal ein Büro aufgebaut. Ich habe davon keine Ahnung!“ Wenigstens war sie die Erste, die es offen zugab. So baute ich mein zweites Reisebüro auf. Nebenbei organisierte ich die Anmeldungen, den Theorieunterricht und Erste-Hilfe-Kurse für die Fahrschüler – auch als „Ersatzpuppe“ für die stabile Seitenlage, wenn wenig los war.

Nach zwei Jahren wachte ich eines Nachts schweißgebadet auf. Ich hatte geträumt, dass meine Chefin mir Glückwünsche zum Eintritt ins Rentenalter überbracht hatte. Sie sagte: „Natürlich hoffen wir, dass Du noch viel Jahre bei uns im Reisebüro bleiben wirst.“ Ich sah mich plötzlich als alte Frau am Counter sitzen gegenüber den seidenbestrumpften älteren Damen, die mit dem Bus nach Spanien wollten. Da schoss mir eine Frage durch den Kopf: „Solle es das gewesen sein- dein Leben?“ Ich wollte nicht bis an mein Lebensende älteren Damen und Herren Busreisen verkaufen.

So bewarb ich mich um einen Studienplatz und kündigte kurz vor den kommenden Semesterferien meinen Job. Meine Chefin zeigte keinerlei Verständnis für mein neues Lebensziel und wir landeten sogar noch vor dem Arbeitsgericht, weil sie mir den restlichen Lohn nicht zahlen wollte. Angeblich hätte ich Fahrschulgelder veruntreut. Die Gewerkschaft boxte mich raus, ein Vergleich wurde geschlossen und ich hatte mein Geld zusammen für den Umzug – nach Leipzig. Natürlich musste ich wieder für drei Monate zur Arbeitsagentur, aber zumindest verschonten sie mich mit Jobangeboten, da ich ja schon den Studienplatz hatte.

Jetzt, dachte ich, wird alles besser…aber es gab noch Anfangsschwierigkeiten. Für mein Studium brauchte ich Geld. Bafög hatte ich schon in Potsdam bezogen, also blieb nicht mehr viel übrig. Dazu kam, dass meine Familie jegliche finanzielle Verantwortung von sich wies. Schließlich hätten sie mir schon zwei Ausbildungen bezahlt, was ganz einfach nicht stimmte. Ihre Hilfe sollte sich zukünftig auf monatliche Naturalien stützen (ein Toastbrot und eine Gurke). So hoffte ich auf Eltern unabhängiges Bafög, was mir letztendlich gewährt wurde, nachdem ich die letzte Quittung mit drei Wochen Ferienarbeit nachweisen konnte, damit die sechs Jahre Unabhängigkeit voll waren.

Das Studium lief gut durch. Ich verpasste knapp die Regelstudienzeit, da mein Professor für die Durchsicht der Diplomarbeit ein Semester mehr brauchte. Zum Ende der Studienzeit brach bei meiner WG-Mitbewohnerin die Schizophrenie aus. Sie projizierte alles auf mich, sperrte mich in der Wohnung ein und wollte mich in die Psychiatrie einweisen lassen. Zum Glück hatte ich mich an eine Selbsthilfegruppe gewendet, die mir zusammen mit meiner Schwester in dieser Zeit sehr geholfen haben.

Seit dem Studienende geht es immer aufwärts und hoffentlich nie mehr abwärts. Natürlich möchte ich diese Erfahrungen nicht missen, denn nur, wer auch diese Seite des Lebens kennt, kann mit Freude die andere Seite leben.“

 

Das war der Bericht. Und zum Abschluss noch ein Hinweis: Wenn Sie mir nicht glauben, dass Erfolg nicht wirklich planbar und nicht individuell ist – und Sie immer noch meinen, eine Personalauswahl anhand von Noten, Ausbildung, Erfahrung und Erfolgen (natürlich alles dargereicht in einer wunderschön aufbereiteten „Bewerberung“) ist fundiert – dann schauen Sie doch nochmal in die Präsentation. Da sind werden nämlich deutliche klügere Köpfe zitiert als ich :-)

Herzlichen Gruß,
Ihr Henrik Zaborowski

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HR & Digitalisierung? Ich sag nur „10/90“!

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Social RecruitingJan C. Weilbacher vom Human Resources Manager packt es mal wieder an. DAS Thema. #ZukunftHR. Oder genauer „HR und die digitale Transformation“! Und fragt: „Was bitte hat HR mit der verdammten digitalen Transformation zu tun?Und DAS frage ich mich auch. Einige wissen die Antwort, haben schon dazu geschrieben oder werden es im Rahmen der blogparade noch tun (alle bisherigen Beiträge sind unter dem Originalartikel zu finden). Anderen kratzen sich am Kopf und suchen ergebnislos die Korrelation zwischen HR und digitaler Transformation. Ich finde: HR und Digitalisierung? Das ist, zumindest im Recruiting, die Flucht nach vorn. Und löst unsere Kernprobleme nicht.

HR & Digitalisierung – wir haben (ganz andere) Probleme

Ich muss so ehrlich sein und sagen, so richtig Ahnung habe ich von HR ja nicht. Ich mache ja nur Recruiting. Von daher habe ich eine durchaus eingeschränkte Sicht der Dinge. Da ist z. B. Thomas Eggert schon ein ganz anderes Kaliber, fragt ganz grundsätzlich „Personalarbeit – was ist das eigentlich“ und sieht die Macht der Digitalsierung vor allem in den HR Prozessen. Denn was wäre ein Arbeitgeber mit falschen Arbeitsverträgen oder unregelmässigen Gehaltsabrechungen? Und das hier die Digitalisierung machtvoll Mehrwert bieten kann, wird wohl niemand von uns in Frage stellen, oder?

Aber „Prozesse“ sind bekanntlich nicht mein Thema. Einen kleinen Schmunzler möchte ich Ihnen aber nicht vorenthalten, den mir Christian Schrader, E-Commerce und Big Data Experte und Gründer von feelgood@work, erzählte. Zum Thema Digitalisierung und Prozesse. Letztens sprach er mit einem Kunden, der die E-Recruiting Software eines der bekanntesten (und in den letzten Jahren sehr erfolgreichen) Anbieters in der DACH Region im Einsatz hat. Der Personalleiter bekam von diesem Anbieter einen Anruf, ob er denn bereit wäre dafür zu zahlen, dass der Anbieter ein Tracking entwickelt, um die Herkunft der Bewerbungen genauer zu ermitteln? So, finden Sie den Fehler! Sollten wir nicht mit unserer „Digitalisierung“ so weit sein, dass Anbieter einer E-Recruitingsoftware ein Tracking mit drinhaben? Und wenn sie es nicht haben, es selbstverständlich und auf eigene Kosten entwickeln? Weil es Standard sein sollte?

Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Warum? Ich vermute u.a., weil die Mehrheit der Personaler nicht danach fragen!!! Wozu soll ich wissen, wo meine Bewerber (oder noch besser: meine tatsächlich eingestellten Bewerber) herkommen? Ich schalte meine Anzeigen beim Marktführer. Oder da, wo meine Agentur es mir empfiehlt. Die, unter uns gesagt, auch keinen blassen Schimmer hat, welche Kanäle für welche Zielgruppe WIRKLICH funktionieren. Ich halte fest: Wir sind also selbst bei einer der Kerndisziplinen des Recruiting, dem Anzeigenschalten (Sie ahnen nicht, welche Schmerzen mir das Schreiben gerade bereitet), noch lange nicht dort, wo der E-Commerce seit 10 Jahren ist. Warum? Weil kaum einer danach fragt. Ich tippe mal: Nur etwa 50 Recruiter, HR Blogger und Nerds in Deutschland interessiert das wirklich. Und die bauen sich im Zweifel eine eigene Lösung.

HR & Digitialisierung – und Menschen

Aber kommen wir zurück zu meinem Lieblingsthema, den Menschen hinter all dem Recruiting(wahnsinn). Und da gab es zum Beginn der blogparade einen interessante kleinen Austausch auf Facebook, den MiSha anregte und der mich offen gesagt, mit einem ganz neuen Verständnis konfrontierte. Hintergrund war der Hinweis im Artikel von Jan Weilbacher auf die HR Abteilung von Continental, die HR von „Human Resources“ in „Human Relations“ umgewandelt hat. Und damit „ein Zeichen setzt“.

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MiSha ist der erste Mensch, der mir gegenüber „Resource“ mit „Quelle“ übersetzt. Und damit ganz zu Recht fragt: „Was ist an Resource schlecht“. Nichts. Wenn nur irgendjemand den Begriff auch so verstehen würde. Ich kenne aber in der Arbeitswelt ganz andere Synonyme für „Mensch“: FTE, Human Capital, Mit-Arbeiter, Human Resource, Belegschaft, Arbeit-Nehmer. Nachtigall, ick hör dir trapsen! Ein spannendes Interview über die Bedeutung der Mitarbeiter für das Unternehmen fand ich letztens in der wiwo. Mit dem Chef des chinesischen Konzerns Haier, Zhang Ruimin. Der bringt zwar auch den Spruch, wie wichtig die Mitarbeiter sind (können Sie auf jeder homepage eines jeden Unternehmens nachlesen). Aber er scheint tatsächlich ein ganz anderes Verständnis zu haben. Erinnert mich sehr an das brasilianische Paradebeispiel Semco. Aber ich behaupte mal mit gutem Gewissen: Auch davon sind wir in großen Teilen der deutschen Wirtschaft noch meilenweit entfernt.

Und ich möchte noch einen ganz anderen Aspekt mit reinbringen. In die Diskussion über Menschen und Digitalisierung. Ein Top Online Marketing Experte erwähnte mir gegenüber eher beiläufig die „10/90“ Regel. Ich stutzte. Bitte nochmal, was ist das? Die „10/90“ Regel ist eine Regel, die der Digital Marketing Evangelist (und Ex-Google Mann) Avinash Kaushik aufgestellt hat. Weil er festststellte, dass Unternehmen zwar viel Geld in Software zur Generierung von „web analytics“ stecken – aber am Ende keine brauchbaren Ergebnisse bekommen. Übersetzen wir mal „web analytic“ in die HR Praxis und nennen es „Small Data“ (von „big“ sollte bei HR kaum jemand mit gutem Gewissen sprechen, zu den Anwendungsgebieten von Big Data in HR empfehle ich diesen Artikel von Christoph Athanas inkl. weiterführender links) – dann heißt die Regel: Für jeden Euro, den ein Unternehmen in HR Software steckt, um mehr aus den verfügbaren Daten herauszuholen, muss ich neun Euro in die Menschen stecken, die die Software bedienen bzw. mit den Daten arbeiten müssen!!! Und da kann ich doch einfach mal beherzt auflachen, oder? DAS wird so schnell nicht passieren. Mach es gut, Digitaliserung! Du musst noch eine Weile ohne HR auskommen.

HR & Digitialisierung – und/oder Algorithmen

Na, dann ziehen wir doch jetzt mal unseren Joker: Den Algorithmus. Nee, nee, Freunde, was haben wir es gut, dass wir den guten alten Algo haben. Der wird uns in Zukunft jede Menge Arbeit abnehmen. Dazu schießen neue Artikel über neue Anbieter und Anwendungsfälle ja zur Zeit wie Pilze aus dem Boden. Persoblogger Stefan Scheller führte zu dem Thema sein letztes Blind HR Battle durch. Und wenn es Sie wirklich interessiert, denn empfehle ich Ihnen, mal bei der wollmilchsau, Jo Diercks (recrutainment) und Volker Seubert vorbei zu schauen. Die haben immer neue Artikel zu dem Thema parat.

Aber auch klassische Medien greifen das Thema auf. Wie jüngst die FAZ mit dem Artikel „Der Algorithmus sucht neue Kollegen aus“. Oh, schöne einfache Personalerwelt. Per Sprache den Menschen einordnen und die passenden neuen MitarbeiterInnen aussuchen. Herz, was willst du mehr? Schade nur, dass kluge, im (Wirtschafts)Leben stehende Köpfe (damit meine ich jetzt nicht mich) eine andere Einschätzung dazu haben. So bat ich einen der führenden Eignungsdiagnostiker Deutschlands, Dr. Rüdiger Hossiep, zu seiner Einschätzung. Und er schrieb mir (Zitat): „Faszinierende Idee und bei bestimmten psychischen Erkranken kann tatsächlich auch jeder Laie hören, dass mit der betreffenden Person etwas nicht stimmt. Das Problem ist, dass wirklich niemand ein auch nur im Ansatz funktionierendes Modell vom individuell verursachten beruflichen Erfolg hat – auch die zitierte Firma nicht“ (Hervorhebung durch mich). Und auch Niels Pfläging in seinem Buch „Organisation von Komplexität“ und Leopold Hüffer in „Kalte Fische – warum wir Top Jobs mit Top Flops besetzen“ machen deutlich: Die Vorhersagbarkeit, ob ein Bewerber zum Job passt und am Ende darin erfolgreich sein wird (denn darum geht es doch, oder?), ist nicht so einfach herzustellen wie wir es uns wünschen oder manche Anbieter versprechen. Wenn Sie die entsprechenden Zitate suchen, schauen Sie in meine Präsentation „Recruiting der Zukunft“, die ich für den HR Innovation Day 2015 in Leipzig kurzfristig gebaut hatte. Hier gibt es einen Überblick auf den #hrinnoday 2015, hier geht es zur Präsentation „Recruiting der Zukunft“ auf slideshare.

So, ich stelle fest: Ich schreibe mal wieder viel zu viel. Naja, dafür schreibe ich momentan nicht ganz so häufig. Schade eigentlich (finde ich). Aber nun ja. Das war/ist mein Beitrag zur Blogparade #ZukunftHR.

Und wie sehen Sie das? Schreiben Sie doch mit! Die Blogparade läuft noch bis zum 22. Juni. Oder diskutieren Sie hier einfach mit.

Also Zukunft – bis (über)morgen!

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

 

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Active Sourcing und Aufbau einer professionellen Recruiting Abteilung

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Henrik Zaborowski Active Sourcing ist angekommen … in den meisten deutschen HR Köpfen. Operativ aber in vielen HR Abteilungen (noch) nicht. Das hat Gründe. Denn eine professionelle Recruting / Active Sourcing Abteilung aufzubauen ist nichts, was „man mal so eben“ macht. Dafür muss sich einiges in den Unternehmen und bei den handelnden Personen bewegen. Vielleicht machen auch deswegen viele Unternehmen erst einmal einen „Zwischenschritt“ und versuchen, ihr Recruiting allgemein auf neue Beine zu stellen. Ist das pragmatisch richtig? Oder vielleicht eher kontraproduktiv? Mal sehen. Ein paar Gedanken inklusive Praxis-Best-Practice von dem Automobilzulieferer BFFT. Und hoffentlich ein intensiver Austausch anschließend mit Ihnen.

Active Sourcing – es geht los!

Bei mir häufen sich die Anfragen und Praxisbeispiele von Unternehmen, die ihr Recruiting massiv umbauen. In der Regel global agierende Mittelständler und Großunternehmen, die jetzt die Unterstützung vom Top Management haben, um wirklich etwas zu verändern, aktiver zu recruitieren und sich von „post & pray“ und Personalberatern verabschieden wollen. Die einen wollen das Recruiting zentralisieren, die anderen einen globalen Recruitingprozess auf- und umsetzen, die nächsten haben zumindest erkannt, dass sie sich bewegen müssen und wollen zumindest irgendwie mal Active Sourcing einführen. Wie immer ist die Welt und das Leben bunt und viele Wege führen nach Rom. Aus meiner Sicht gibt es nicht das „eine, einzig wahre und für alle gültige Recruitingmodell“. Trotzdem kann es helfen, sich ein wenig an anderen zu orientieren. Dazu liefert dieser Artikel und die hoffentlich anschließende Diskussion vielleicht eine kleine Hilfe. Denn ein absolutes Best-Practice Beispiel für den Umbau des Recruitings und den Aufbau einer Sourcing Abteilung liefert der Automobilzulieferer BFFT. Und zwei der handelnden Personen, Tobias Ortner und Jan Hawliczek von BFFT (finden Sie hier als „die grüne 3„), habe ich im Rahmen der Social Recruiting Days 2015 kurz interviewen können. Zusammen mit einem kleinen Mitschnitt ihres Vortrags am Ende gibt es das Video auf meinem youtube Kanal. Bevor oder während Sie weiterlesen, sollten sich sich hier die Präsentation zu ihrem Vortrag aufrufen. Darauf gehe ich jetzt nämlich ein wenig ein.

Active Sourcing & Recruiting ist nicht HR

Wenn Sie sich das Organigram von BFFT (Folie 5) anschauen stellen Sie fest: Das Recruiting und Personalmarketing sitzt unter dem CEO! Der „Rest von HR“ sitzt unter dem CFO!

Organisation HR / Recruiting BFFT

Das macht die Realität sehr deutlich, dass zwischem aktiven Recruiting und allgemeinen HR Aufgaben Welten liegen. Genauso spannend ist Folie 6, der Aufbau der Recruitingabteilung.

 

Organisation Recruiting BFFT

Wie Sie sehen können, gibt es die Position des Sourcers. Die Sourcer machen tatsächlich nichts anderes, als den ganz Tag nach ihren Bewerberzielgruppen zu sourcen, sich mit ihnen zu verbinden, in Kontakt zu bleiben sowie die bestehenden Active Sourcing Kanäle immer besser kennenzulernen und neue zu entdecken.

Praktisch läuft ein Recruitingprozess wie folgt ab: Der Fachbereich bespricht mit dem Recruiter den Bedarf, der Recruiter klärt mit dem Sourcer das Anforderungsprofil und die Sourcingstrategie etc., der Sourcer identifiziert und spricht potentielle Kandidaten an. Zeigt ein Kontakt Interesse oder bewirbt sich, entscheiden Recruiter und Sourcer über eine Einladung und führen auch das 1. Gespräch! Im zweiten Gespräch kommt der Fachbereich hinzu, aber selbst das ist nicht immer der Fall. Denn die Entscheidung für oder gegen einen Kandidaten fallen Sourcer und Recruiter, nicht der Fachbereich! Auch interessant: Die Entscheidung fällt eher aufgrund der persönlichen Passung des Bewerbers, weniger aufgrund der fachlichen Fähigkeiten. Die lassen sich aneignen, die persönliche Passung nicht. (Was mich Sie ganz kurz nochmal auf die Cultural-Fit-Studie von Christoph Athanas erinnern lässt. Hier können Sie teilnehmen, es lohnt sich!)

Verglichen mit dem, was ich von anderen Unternehmen kenne, ist das revolutionär. Und kehrt meinen Lieblingsansatz „der Fachbereich ist der bessere Recruiter“ ja auch komplett um! Ich glaube aber auch nicht, dass es auf jeden Arbeitgeber übertragbar ist. Aber ein sehr spannender Ansatz. Fairerweise muss ich dazu schreiben, dass auch das Recruitingteam von BFFT sich diesen Prozess und diese Rechte „erarbeitet“ hat. Auslöser war die Idee von Tobias Ortner, mal die Rechnung aufzumachen, was günstiger (und inhaltlich sowieso viel besser weil nachhaltiger ist): Eine eigene Sourcing Abteilung aufzubauen oder weiter von Personalberatern abhängig zu sein? Die Antwort sollten Sie kennen. Er hat dann bei Null angefangen und sich nach und nach das Team aufgebaut. Irgendwann merkten sie, dass die Recruiter keine Zeit mehr für aktives Recruiting haben, wenn sie auch noch Gespräche koordinieren und Verträge verhandeln. Das war der Moment, die Rolle des Sourcers zu etablieren. Aktuell beschäftigt BFFT acht (!) Sourcer und fünf Recruiter! Bei einer Unternehmensgröße von unter 800 Mitarbeitern und einem Einstellungsbedarf von über 400 neuen Mitarbeitern in 2015.

Active Sourcing – lernt man nicht nebenbei und von selbst

Dass die eigentlichen Active Sourcing Strategien & Techniken gelernt werden müssen, leuchtet jedem ein. Wahrscheinlich waren die Social Recruiting Days in Berlin auch deswegen so ein Erfolg, weil thematisch ein großer Schwerpunkt auf Active Sourcing lag. Mit der absoluten Sourcing Expertin Barbara Braehmer, die mit intercessio Unternehmen nicht nur operativ unterstützt, sondern auch interne und externe Sourcing Trainings durchführt. So auch bei den Social Recruiting Days. Aber BFFT geht noch zwei Schritte weiter. Denn natürlich brauchen die Sourcer auch Ahnung von der fachlichen Materie. Heißt bei BFFT: Technik rund ums Automobil! Und ein weiterer Aspekt ist die Psychologie, insbesondere in der Gesprächsführung, aber auch in der Eignungsdiagnostik (siehe Folie 15). Weil alles zusammen viel Materie ist, bildet BFFT seine Sourcer acht Monate lang aus. Und jetzt kommen Sie :-) Wieviel Schulung hat Ihr Werkstudent, der „dieses Active Sourcing da“ machen soll, bekommen? Wenn die Recruiter wirklich fit in den Fachthemen sind, dann ziehe ich meine These, den Fachbereich mehr ins Recruiting einzubauen, gerne zurück. In den meisten Unternehmen ist das aber ja nicht der Fall.

 

Active Sourcing – oder geht es auch anders?

Sie wissen, ich bin ein gaaaaanz großer Freund von Recruiting über Netzwerke. Und Netzwerke bauen Sie eben auch (aber nicht nur) über Active Sourcing auf. Aber ob jetzt jedes Unternehmen ein eigenes Sourcingteam braucht? Ich glaube nicht. Ich bin Praktiker. Es gibt genug Jobs, die Sie auch heute noch über Stellenanzeigen besetzen können. Natürlich auch abhängig von Ihrem Ruf als Arbeitgeber und der Region. Und nach meinem Verständnis ist eigentlich der Fachbereich auch ein sehr guter Sourcer. Wenn er sich denn die Zeit nehmen (oder sie bekommen würde). Und wenn Sie nicht 400 neue Mitarbeiter im Jahr einstellen müssen, sondern nur 20-40, und Ihre Recruiter nicht mit administrativen Kram belastet werden (Termine mit Fachbereich koordinieren, BR Genehmigung einholen, Unterschriften für Verträge hinterherrennen etc.), dann kann aus meiner Erfahrung der Recruiter auch Sourcer in einer Person sein.

Was mich zum Abschluss zu meiner Frage an Sie bringt: Wie ist denn Ihre Recruitingabteilung aufgebaut? Welche Benchmarks können Sie miteinbringen? Zum Beispiel in der Frage, wieviele Recruiter/Sourcer braucht man eigentlich? Ich weiß, dass viele Recruiter 40 oder mehr Stellen betreuen und das für völlig normal halten. Vielleicht finden das manche toll, weil man damit zeigt, wie viel man wuppt. Meine Meinung: Zu glauben, ein Recruiter kann ersthaft aktiv für 40 Stellen recruitieren, ist, sorry liebe KollegInnen, absoluter Humbug! Das geht nicht. Außer, Sie geben gleich mal 20 „schwierige“ Stellen an die Personalberater ab. Aber das wollen Sie doch nicht mehr, oder? Ich halte 20 offene Stellen für die absolute Obergrenze, wenn der Recruiter auch der Sourcer ist (und nicht in internen administrativen Prozessen und Aufgaben ertrinkt!) Optimal sind 10-15! Außer natürlich, die Jobs unterscheiden sich alle minimal und Sie verwerten einen Kandidaten gleich für drei Stellen. Dann ist Ihre Besetzungswahrscheinlichkeit dreimal höher, bei gleichem Sourcingaufwand.

Ich hatte Tobias und Jan auch noch gar nicht gefragt!!! „Jungs, wie viele Stelle betreut denn bei Euch ein Sourcer?“

Ich bin auf den Austausch echt gespannt. Jeder, der mitmacht, wird einen Mehrwert liefern, um die deutschen Arbeitgeber mittel- bis langfristig besser im Recruiting aufzustellen. Das muss doch unser gemeinsamer Anspruch sein, oder?

Tatsache ist: Die HR / Recruitingabteilungen müssen sich autonomer aufstellen. Mehr aktiv in den Suchprozess rein, weniger administrativen Aufwand, mehr Entscheidungsbefugnis. Wie Sie das organisatorisch machen, da gibt es viele Optionen.

Zum Abschluss gibt jetzt hier noch das Interview zu sehen. Viel Spaß :-)

Ich freue mich auf Ihre Kommentare, Ergänzungen und Erfahrungen!

Ihr Henrik Zaborowski

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Videobewerbung & Bewerbung 2.0 im Praxistest

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Social RecruitingVideobewerbungen sind im Kommen. Zumindest wenn es nach den Anbietern solcher Dienstleistungen geht. Über den Sinn und Unsinn lässt sich natürlich auch diskutieren. Und über die richtige Zielgruppe. Mach ich jetzt aber nicht. Ich möchte Ihnen heute was aus der Praxis zeigen. Mit einem kleinen (Erklär)Video. Und auf zwei „Bewerbungen 2.0“ hinweisen. Vielleicht sind Sie ja gerade auf Jobsuche und brauchen noch ein paar Anregungen?

Videobewerbung – technisch schlicht und ergreifend

Sie wissen, ich brauche die Dinge einfach und praxisnah. Und es darf sich nicht zu komplex anhören. Darum wurde ich auch sofort aufmerksam, als vor einigen Monaten eine email mit einem kurzen, sympathischen Video in mein Postfach trudelte. Von Marc Baur von Goltfisch bzw. hireTV. hireTV ermöglicht das einfache Aufnehmen und Hochladen einer Videobewerbung. Keine Raketenwissenschaft, sagen Sie? Genau das habe ich mir auch gedacht. Denn Videointerviewsoftware (über die Bewerber ja dann auch „Bewerbungsvideos“ machen können) gibt es ja nun schon eine Weile. Braucht es da noch einen weiteren Anbieter? Keine Ahnung, das wird der Markt zeigen. Also habe ich Marc Baur von hireTV mal angerufen. Und ihn gefragt, was denn das Besondere an hireTV sei. Und die Antwort: Die Einfachheit. Und es ist tatsächlich so. Vor den Rechner setzen, aufnehmen, ansehen, abschicken. Und für die Unternehmen gilt das gleiche. Eigentlich bekommt jeder Kunde ein fertiges „Videobewerbung-Management-System“ von hireTV. Stelle anlegen, eingehende Videobewerbungen ansehen, Kommunikation mit den Bewerbern, Status nachverfolgen. Alles in einem schlanken System. Ein Traum für jedes KMU, sollte man meinen. Leider (?) sieht die deutsche Recruitinglandschaft da ein wenig anders aus. Entweder haben und wollen die Unternehmen kein E-Recruitingsystem (also wirklich GAR keins). Oder sie haben andere Standardtools – und wollen das von hireTV nicht. Willkommen in der Realität. In dem Fall generiert ein extra von hireTV zur Verfügung gestelltes tool einen link, der zur Videobewerbung führt, und dieser link kann in jede Stellenanzeige, Karriereseite etc. eingebaut werden.

Nun ja, die Frage ist ja aber doch vor allem (Achtung: Candidate Experience): Wie einfach ist eine Videobewerbung für die Bewerber?

Und das habe ich jetzt mal für Sie getestet. Stellen Sie sich also vor, Sie sitzen abends auf dem Sofa und suchen entspannt nach einem neuen Job. Und weil Sie nicht irgendeinen Job wollen, sondern einen, der zu Ihnen passt, schauen Sie zu erst einmal bei feelgood@work vorbei. Und dann passiert folgendes:

 

Bewerbung 2.0 – Praxisbeispiele

Es machen ja immer mal wieder innovative „Bewerbungsformate“ die Runde in den Sozialen Netzwerken. Offen gesagt bin ich bei vielen Beispielen extrem skeptisch, diese für die Allgemeinheit der Jobsucher zu empfehlen. „Der klassische Arbeitgeber“ hat halt lieber die „klassische Bewerbung“ im email Postfach oder Recruitingsystem. Aber in manchen Berufsfeldern und Zielgruppen macht es, wie die Erfolge zeigen, durchaus Sinn.

Zwei Beispiele habe ich heute aber trotz meiner Skepsis für Sie, die mich vor allem mit ihrem „hybriden Ansatz“ (ich habe Monate gewartet, um diese Formulierung mal sinnvoll einsetzen zu können :-)) überzeugen.

Sven will arbeiten. Oder kürzer: www.will-arbeiten.de ist die Homepage von Sven Dichte, der als Online Marketeer und Grafiker einen neuen Job (fest oder als Freiberufler) sucht. In seiner Region. 99192 Apfelstädt (Erfurt). Er informiert auf seiner Seite über seine Bewerbungsaktivitäten, berichtet von Erfolgs- und Mißerfolgsmomenten und will natürlich auch ein wenig zeigen, was er im Online/Grafik Bereich so kann. Von der Bundesagentur bekommt er Jobangebote als Call Center Agent für 8,50 Euro/Std. Seine Meinung ist dazu glasklar: Vom Mindestlohn kann man nicht leben.

Sven hat aber nicht nur diese Seite gebaut. Sondern u.a. auch 100 individuell gestaltete (Papier) Flyer an ausgewählte Unternehmen und deren Entscheider in der Region verschickt. Wirklich individuell, zu jedem Unternehmen passend! Respekt! Ergebnis: 65% Absagen, vier Vorstellungsgespräche. Seine Website hatte bisher über 1000 Besucher (Zeitraum ein guter Monat). Er möchte mit der Website vor allem seine Affinität zur IT zeigen. Seine Kernkompetenz ist das aber nicht.

Kopitzke.me ist die andere Bewerbung 2.0, die ich Ihnen vorstellen möchte. Jörg Kopitzke ist „Spezial Generalist“ aus dem ICT Umfeld und hat im deutschen Bewerbungsdilemma das Problem, zu viel zu können.

  • Business Development (Online oder Offline)
  • PR (Kommunikation, Branding)
  • Online Projekte (Entwicklung, Management)
  • Ressource Management (Auftragssteuerung)
  • Pre-Sales- oder Partner-Management
  • Community- oder Social Media Management

Wie bringen Sie das, was Sie alles können, nun geschickt unter? Nicht in zwei Seiten Lebenslauf, das kann ich Ihnen versprechen. Das klappt einfach nicht. Auch wenn das Ihre Antwort gewesen wäre. Jörg Kopitzke hat es anders versucht. Darauf geht er auch in einem kleinen Artikel ein. Sehr ansprechend, wie ich finde. Die Herausforderung, sich mit seinen Inhalten auseinander zu setzen, hat der Betrachter (Recruiter?) trotzdem. Auch etwas, was deutsche Arbeitgeber nicht so gerne mögen. Sich mit Bewerbern auseinander zu setzen. Naja, vielleicht schlägt der Fachkräftemangel ja doch noch mal irgendwann zu???? Auch Jörg Kopitzke wählt den hybriden Ansatz. Er kontaktiert ausgewählte Entscheider von Unternehmen in der Region, für die er sich vorstellen kann, zu arbeiten. Nach einem ersten Telefonat bekommt der Entscheider eine email mit vorsortierten, gegliederten Inhalten und jeweiligem Link zur website. Wer mag, kann also nur die Kurzversion per mail lesen, oder sich weiter punktuell auf der website informieren. Sehr gut! So muss das sein! Nicht in Jobbörsen nach Jobs suchen und einer von vielen Bewerbern sein. Sondern pro-aktiv auf Entscheider zugehn – und dann natürlich Content bieten :-)

Also, ich wünsche den beiden viel Erfolg mit ihren Aktionen. Und wenn Sie auch gerade auf Jobsuche sind – testen Sie doch hireTV. Oder bauen Sie Ihre eigene Onlinepräsenz. Ich freue mich auf Ihre Berichte und Meinungen.

Beste Grüße,

Ihr Henrik Zaborowski

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Unternehmensdemokraten, Überforderung – und Jesus? Drei Gedanken, die Sie denken dürfen!

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Henrik ZaborowskiUnternehmensdemokraten? Sind das nicht die, die das klassische Management in die Überforderung treiben? Oder kommt die gefühlte oder echte Überforderung vielleicht durch unser „always on“ Mentalität? Und wenn über den täglichen Social Media Stream tausende (nicht)relevante Informationen auf uns einprasseln … ist es da nicht manchmal hilfreich, sich auf das Wesentliche zu besinnen? Ja, Ja und Ja sind meine Antworten auf diese drei Fragen. Und wenn Sie das auch denken, dann lesen Sie doch einfach weiter. Denn es ist bald wieder Weihnachten, die Zeit der Weihnachtsmärkte und Geschenke (oder ging es um was anderes? Hm, was war das nochmal?). Und falls Sie noch ein Geschenk für sich selbst oder jemand anderen suchen … vielleicht ist bei diesen drei Büchern das Richtige dabei? Ich glaube, die Chancen dafür stehen gut.

Unternehmensdemokraten – Alle Macht für niemand!

Alle Macht für niemandFalls Sie auf Twitter aktiv sind (es lohnt sich, falls Sie es bisher nicht sind!!) wird es Ihnen gehen wie mir. Sie lesen einen interessanten Tweet, rufen das Profil des Schreibers auf, lesen kurz und entscheiden sich dann, ihm zu folgen. Folglich lesen Sie immer häufiger von ihm (oder natürlich ihr). Und manchmal fangen Sie an sich zu fragen, „Wer ist das eigentlich? Und was macht der so?“. So ging es mir mit Dr. Andreas Zeuch, der mit seinen Tweets über Unternehmensdemokratie meine Aufmerksamkeit weckte. Nun bin ich zwar ein offener Geist, aber eben auch ein skeptischer Pragmatiker. Es laufen so viele Spinner in dieser Welt rum …. manche behaupten ja z. B., dass unsere gute alte, über jahrzehnte geschliffene Personalauswahl nichts taugt … da muss man nicht gleich alles ernst nehmen. Oder? Aber nun hatte ich schonmal das Vergnügen, Julian Vester von elbdudler kennenzulernen (der seine Mitarbeiter ihr Gehalt selber bestimmen lässt). Oder Uwe Lübbermann von Premium Cola, der mit keinem einzigen seiner Geschäftspartner schriftliche Verträge hat. (hier gibt es ein klasse Interview mit ihm). Das scheinen auch alles ganz vernünftige Menschen zu sein. Warum nicht also auch Andreas Zeuch? Tja, und „haste nicht gesehen“, hatte ich sein Buch „Alle Macht für niemand“ in der Hand. Und fing an zu lesen. Und bin absolut begeistert. Denn hier hat sich jemand wirklich Arbeit gemacht. Und Gedanken. Die Kombination ist nicht selbstverständlich, um ehrlich zu sein. Andreas Zeuch beginnt mit Zahlenwerk (sie wissen schon, nicht so meins), dann begegnet er mit aus meiner Sicht bestechender Logik den Gegenargumenten, warum Mitbestimmung der Mitarbeiter und Abschaffung von Hierarchien unweigerlich ins Chaos führen müssen. Und führt sie ad absurdum. Das zu lesen hat mir echt Spaß gemacht. Und dann? Dann kommen jede Menge Beispiele praktisch umgesetzter Unternehmensdemokratie. Und nicht nur die schon längst bekannten (und teils immer noch belächelten) Beispiele wie Haufe umantis, elbdudler oder allsafe Jungfalk. Wertvoll finde ich die persönlich geführten Interviews mit den Initiatoren. Da werden auch Schwierigkeiten nicht verschwiegen … und manchmal muss Andreas Zeuch selbst bei diesen Vorzeigebeispielen auch den einen oder anderen Widerspruch entdecken.

Also, wer wissen will, wie Unternehmen fit für die Zukunft (disruptive Innovationen und so) werden können, in dem sie ihre Mitarbeiter endlich als eigenständige, verantwortliche und intelligente Menschen behandeln – der sollte neben „Thank God it’s Monday“ von Dark Horse unbedingt „Alle Macht für niemand lesen. Unbedingt!

Überforderung – oder spinnen wir einfach nur?

Mythos ÜberforderungSie kennen mit Sicherheit alle Martin Gaedt’s „Mythos Fachkräftemangel„, oder? Wenn nicht, hier habe ich über sein Buch „Mythos Fachkräftemangel“ und mögliche Lösungen geschrieben. Es gibt aber auch noch einen weiteren (neuen) Mythos. Nämlich den Mythos Überforderung. Zumindest nimmt den der bekannte Kinder- & Jugendpsychologe Martin Winterhoff wahr. Und hat darüber ein Buch geschrieben „Mythos Überforderung – wie wir gewinnen, wenn wir uns erwachsen verhalten“ Und wissen Sie was? Ich glaube, er hat Recht. Der Punkt ist: Ich kenne kaum eine Führungskraft, die nicht 120% oder mehr arbeitet. Ob das sinnvoll ist, bezweifle ich. „Man“ macht nichts mehr richtig, sondern nur noch oberflächlich und schnell schnell. Kennen Sie das? Und wenn Sie dann noch „in den Sozialen Netzwerken bzw. diesem Social Media“ aktiv sind, dann kann schnell das Gefühl aufkommen, nicht mehr hinterher zu kommen. Überall blinkt es, jeder will meine Aufmerksamkeit, reagieren soll ich auch noch auf das Meiste und und und. Sie mögen über Winterhoff denken, was Sie wollen. Ich persönlich mag seinen Stil nicht ganz so. Wirkt oft ein wenig überheblich. Aber wie er unsere Gesellschaft skizziert, da ist vieles bei, das ich auch wahrnehme. Eltern, die sich mit ihren Kindern überfordert fühlen. Verantwortung, die wir nur noch delegieren, statt selber Verantwortung zu übernehmen. Auch im Recruiting ein beliebtes Thema. Die Frage ist: Werden wir wirklich so von äußeren Umständen getrieben? Von der Digitalisierung, dem immer weiter steigenden Anforderungen im Job, den immer schnellerem „Change“? Kommen wir da wirklich nicht raus? Sind wir dem so hilflos ausgeliefert? Winterhoff sagt ganz klar „Nein“! Wir müssen nur endlich wieder anfangen, uns wie Erwachsene zu benehmen. Und er hat Recht, finde ich. Sein Tipp, wie man aus diesem Gefühl der Überforderung wieder los wird, ist übrigens so peinlich banal, dass es schon Mut hat, diesen Tipp überhaupt zu geben. Aber er funktioniert. Ich kann es bestätigen :-)

Back to the roots – mit Jesus?

Falls Sie es nicht mehr auf dem Schirm hatten: Weihnachten feiern wir nicht das Fest der Geschenke (und meinetwegen auch des Friedens und der Gemeinschaft) … nein, wir feiern die Geburt von Jesus Christus vor mehr als 2000 Jahren. Wissen Sie eigentlich, was das bedeutet? Ich glaube, den wenigsten von uns ist am Ende die Reichweite dieses damaligen „events“ klar. Und doch wirkt sich dieses Ereignis in sehr sehr sehr viele Bereiche auch unseres heutigen Lebens aus.

Wussten Sie z. B., dass zur Zeit Jesu Alte, Kranke, Frauen und Kinder keinen Wert für die Gesellschaft darstellten? Und damit ziemlich mies dastanden. (nein, ich werde jetzt nicht meine ganz persönliche Meinung kund tun, wie es in unserer heutigen (Arbeits)Gesellschaft damit aussieht!) Wenn Sie wissen möchten, was bitte Jesus damit, mit Krankenhäusern, unserer Gesetzgebung und vielem mehr unseres heutigen Lebens zu tun hat, dann sollten Sie unbedingt das Buch „Weltbeweger – Jesus, wer ist dieser Mensch“ von John Ortberg lesen. Ich finde Geschichte immer wieder spannend. Denn wenn wir wissen wollen, warum wir heute als Gesellschaft das sind, was und wie wir sind, dann müssen wir wissen, wie und warum wir so geworden sind! Und Ortberg liefert ein paar interessante Gedanken und (nicht christliche) Zeitzeugenberichte und -meinungen. Das ist mein ganz persönlichen Buchtipp zu Weihnachten für Sie.

So, das war jetzt mal ein Artikel mit wenig Recruitingbezug. Der kommt dafür so richtig dicke wieder im nächsten Artikel. Aber ich dachte mir, das Leben im Allgemeinen und das Arbeitsleben im Speziellen hat ja auch viel mit Recruiting zu tun, oder?

In diesem Sinne – viel Spaß beim Lesen oder Verschenken und noch eine gesegnete Vorweihnachtszeit!

Ihr Henrik Zaborowski

Garantiert erfolgreiches Recruiting? Hier sind die drei größten Hebel!

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Henrik ZaborowskiWollen Sie gerne erfolgreich rekrutieren? Endlich mal den Fachbereich glücklich machen? Zumindest bei 85% der offenen Positionen? Dann verrate ich Ihnen heute das Geheimnis erfolgreichen Recruitings. Es sind nur drei Faktoren, nur drei Hebel, aber wenn Sie die betätigen, dann verspreche ich Ihnen, wird Ihr Recruiting auf ein ganz neues und vor allem höheres Niveau gehoben. Letztens schrieb ich „Recruiting ist ne Wurst – die müssen Sie essen“. Ich bekam leichten Widerspruch. Von Lesern, die eher der Personalmarketing/Employer Branding Ecke zuzuordnen sind. Das war denen wohl doch zu banal und nicht intellektuell genug. Und es gab zwei absolute Zustimmungen. Die kamen von zwei Vollblutrecruiter. Witzig, oder? Wenn Sie diese drei Hebel kennen, wissen Sie warum ich Recruiting mit Wurstessen verglichen habe. Also hier kommen die Hebel, die zu 80% für Ihren Recruitingerfolg verantwortlich sind. Halten Sie sich lieber fest, die Wahrheit ist mal wieder grausam …

Wie Sie wirklich, wirklich erfolgreich rekrutieren

Die ersten beiden Hebel, die zu 80% für den Erfolg oder Mißerfolg Ihres Recruitings verantwortlich sind, stelle ich Ihnen in diesem Artikel vor. Hebel Nr. 3 folgt in ein paar Tagen. Sonst würde der Artikel mal wieder viel zu lang werden. Also (Trommelwirbel) die ersten zwei Hebel sind:

Fokus und Ressourcen

Als mein treuer Leser überrascht Sie das nicht wirklich, oder? Hoffe, Sie sind nicht enttäuscht. Wieder mal muss ich sagen: Willkommen im Leben! Es ist so banal, dass es wehtut. Trotzdem habe ich in meinen bald 15 Jahren Recruitingerfahrung nur wenige Unternehmen gesehen, die diese zwei Faktoren ernst nehmen. Dabei sind Unternehmen durchaus in der Lage, diese Hebel in anderen Bereichen einzusetzen (auch nicht immer und überall, aber oft). Im Vertrieb zum Beispiel. Das ist ja auch eine sehr sehr wichtige Funktion, oder? Vertriebsmitarbeiter einstellen und das Marketingbudget erhöhen sind die ersten zwei Maßnahmen, die in allen Unternehmen umgesetzt werden, wenn der Umsatz nicht die gewünschte Höhe hat. Aber wie oft haben Sie das schon mal im Recruiting erlebt? Ich sehr selten. Dabei müsste doch inzwischen auch beim letzten verschlafenen (oder sollte ich „verpeilten“ sagen?) Topmanager angekommen sein, dass Recruiting in Zukunft eine DER zentralen Schlüsselfunktionen für die erfolgreiche Behauptung des Unternehmens am Markt ist.

Gut, lassen wir das. Top Manager lesen wohl kaum meinen blog. Aber Sie! Bei der Gelegenheit: Danke dafür! Das ist echt nett!

Falls Sie auf zwei andere Schlüsselfaktoren spekuliert haben, wie z. B. Candidate Experience, Employer Branding und Mobile Recruiting (oder suchen Sie sich Ihre Lieblingsbuzzwords aus) und jetzt widersprechen möchten …. warten Sie noch. Ich schreibe noch kurz zu Ende – und dann dürfen Sie. Ok? Fangen wir an mit

Recruiting Hebel Nr. 1: Fokus

Wenn Sie Recruiting nebenher betreiben, brauchen Sie sich nicht wundern, dass es nicht läuft. Weder mit dem Nachbarn noch mit den Bewerbern. Ihr Ehepartner/Freund möchte doch auch nicht eine/r von vielen für Sie sein, oder? Ach so, wenn ich „Recruiting“ schreibe, dann meine ich in einer idealen Welt die Summe aus

  • einem konstanten Active Sourcing
  • die Verbreitung relevanten Contents im Netz über sich als Arbeitgeber
  • zielgruppenspezifischen Stellenanzeigen in relevanten Kanälen (deren Wirksamkeit gemessen wird)
  • einem durchdachten Mitarbeiterempfehlungsprogramm
  • einem schlanken Bewerbungsprozess
  • verfügbaren Ansprechpartnern auf Seite von HR und Fachbereich
  • einem reibungslos laufenden administrativen Prozess hinsichtlich Vertragsgestaltung und –verhandlung
  • und als Krönung noch Kapazität zum Ausprobieren neuer Kanäle.

DAS ist richtiges Recruiting. Und Sie merken hoffentlich: Das ist ganz schön viel. Genau! Das machen Sie eben NICHT nebenbei!

Finden Sie das zuviel? Brauchen Sie eine Ausrede? Lasse ich Ihnen nicht durchgehen. Aber ich komme Ihnen entgegen. Vergessen Sie den Idealzustand. Ich nenne Ihnen zwei Dinge, die für den Anfang völlig reichen:

Das absolute (und bis zu einem gewissen Grad auch völlig ausreichende) Minimum ist ein Recruiter, der Active Sourcing betreibt, sich um die „Kandidaten“ wirklich kümmert und den Fachbereich im Griff hat.

Glauben Sie mir nicht? Na, dann fragen Sie sich doch mal, wie die Personalberater die Stellen besetzen? Indem sie passende Kandidaten identifizieren, ansprechen und durch den Prozess beim Kunden bringen. Ganz „einfach“. Kandidatenkommunikation in ihrer direktesten Art. Die machen für ihre Kunden kein Employer Branding! Und die finden auch dann Kandidaten, wenn der Kunden keine oder eine nichtssagende EVP hat. Und warum findet ein Personalberater gute Kandidaten? Weil er nichts anderes macht! Fokus! Personalberater (oder besser: ihre Researcher) machen den ganzen Tag nichts anderes, als Kandidaten zu suchen, anzusprechen und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. Und weil das ihr Kerngeschäft ist, investieren sie auch entsprechend in unterstützende Tools und Maßnahmen (aber das kommt gleich). Und was machen die Recruiter/HR Business Partner/Personalreferenten in den meisten Unternehmen? Vieles … was mit dem oben von mir definierten Recruiting nichts zu tun hat.

  • Sie führen neben Telefoninterviews auch die persönlichen Interviews mit jedem Kandidaten (anstatt das dem Fachbereich zu überlassen, der das eigentlich viel besser kann, wie ich beim „1. Blind HR Battle“ schon ausgeführt habe)
  • Sie schlagen sich mit Personalvermittlern rum, die ungefragt anonyme „Bewerberprofile“ an die Fachbereiche verschicken, welche die Bewerber dann auch mal sehen wollen.
  • Sie diskutieren mit Managern, die immer noch meinen, eine kurze Station im Lebenslauf des Bewerbers oder 7 Punkte im Abi in Mathe seinen ein Ausschlusskritierium (weswegen es kaum Bewerber in ein Vorstellungsgespräch schaffen).
  • Sie erklären Bewerbern, die ein Vertragsangebot bekommen, die kryptischen Klauseln im Vertrag, die eigentlich nie zur Geltung kommen aber nun halt doch drin stehen und das Angebot und das ganze Unternehmen alles andere als arbeitnehmerfreundlich erscheinen lassen.
  • Sie erstellen Vertragsangebote, obwohl sie wissen, dass der Bewerber ablehnen wird, weil das Angebot 5T Euro unter dem liegt, was er haben will. Der Fachbereich aber meint, „mehr geht nicht“.
  • Und natürlich koordinieren sie Termine für Vorstellungsgespräche, was ein ziemlich mühseliges Unterfangen ist, weil am Gespräch ja sie, der Bewerber, die Führungskraft und ein Mitarbeiter teilnehmen sollen. Und ein freier Termin erst in vier Wochen verfügbar ist.

Das alles hält Sie, liebe Leser, zwar ganz schön auf Trab und lässt sich wichtig und geschäftig aussehen – aber mit dem eigentlichen Recruiting hat das herzlich wenig zu tun. Mein ganz einfacher Tipp: Fokussieren Sie sich! Schaffen Sie das nötige Umfeld für ein aktives Recruiting! Das ist der erste Schritt für Ihren Erfolg. Und der geht einher mit

Recruiting Schlüssel Nr. 2: Ressourcen

Hihi, ich habe echt überlegt, ob ich dieses Unwort wirklich verwenden will/soll. „Unsere Mitarbeiter sind unsere wichtigste Ressource“ hängt mir zum Hals raus. Dass das nicht stimmt, zeigt genau dieser zweite Punkt. Dem Recruiting der meisten Unternehmen fehlen nämlich ganz einfach die Ressourcen! In Form von Geld/Budget und Menschen. Und da muss ich schlicht und ergreifend sagen: Wie dumm! Aber auch wie alltäglich. Wenn Ihr Recruitingbudget für den Rahmenvertrag mit Ihrer Haus- und Hofjobbörse und den Einsatz von Personalberatern drauf geht – dann ist das zwar traurige Realität in den meisten Personalabteilungen in Deutschland – aber eben auch einer von drei Gründen, warum Ihr Recruiting nicht läuft. Punkt! Und es ist z. B. auch ein Grund, warum sich so wenig Innovationen im Recruitingmarkt durchsetzen. Denn das Geld fließt in die Kanäle, die bisher gut funktioniert haben (oder sollte ich sagen: in Kanäle, die „über Jahre gelernt sind“?) Ob sie heute und in naher Zukunft noch funktionieren, oder ob es nicht bessere Alternativen gibt, tut nichts zur Sache. Diese alten Kanäle leben von ihrem über viele Jahre aufgebautem Marktanteil und Image und neue Player brauchen viel viel Geld und Geduld, um sich über einen Zeitraum von 3-5 Jahren in die Köpfe der Personaler und Bewerber zu bringen und sich Marktanteile zu erkämpfen. Bis dahin kommt die nächste Krise, die Budgets werden gestrichen und die „Alten“ überleben aufgrund ihres finanziellen Polsters.

Aber Budget fehlt auch für das Einstellen neuer Recruitingmitarbeiter. Da Recruiting zu Unrecht nach wie vor als reine Kostenstelle und nicht als Wertschöpfer gesehen wird (anders als z. B. bei BFFT), wird die Mitarbeiterzahl hier konstant klein gehalten. Recruiterstellen werden gerne mit Berufseinsteiger oder in Teilzeit besetzt. Oder der erfahrene Personaler darf ran, der macht dann aber bitteschön auch alles andere als nur Recruiting (kein Fokus). Und dann wird halt weiter mit Personalberatern gearbeitet. Ich kenne kaum ein größeres Unternehmen, das nicht eine Millionen Euro oder mehr im Jahr für Personalberater ausgibt. Auch für Stellen, für die es eigentlich nicht nötig ist, wenn das interne Recruiting vernünftig aufgestellt wäre. Aber der Vorteil von Personalberatern? Die stehen auf keiner Payroll! Die stehen nicht als FTE in Ihrer Personalplanung. Das ist ein durchlaufender Posten. Belastet oft noch nicht mal das HR Budget, sondern das vom Fachbereich. Und das schöne ist, wenn der Recruitingbedarf sinkt, dann setze ich halt keine Personalberater ein und spare Geld. Festangestellte Recruiter werde ich nicht so schnell los. Die drehen dann (gut???) bezahlt Däumchen. Das will natürlich kein Management.

Aber was könnten Sie für eine halbe Million (oder auch 200T Euro) für eine geile Recruitingabteilung aufbauen? Die selber am Markt aktiv ist … und damit langfristig endlich mal Image und Reputation am Markt aufbaut … dann werden Sie auch bekannter … dann kommt endlich auch mal ein Top Kandidat von sich aus auf Sie zu … und gespart haben Sie auch noch …. und Personalberater setzen Sie dann wirklich nur noch gezielt ein …. dann können Sie auch die etwas teureren nehmen, die auch einen vernünftigen Job machen. Ach, die Recruitingwelt könnte so schön sein.

Und wissen Sie, wo sowohl Ressourcen fehlen als auch der Fokus nicht stimmt? Beim Einsatz von Recruitingtechnologien! Ich will gar nicht davon reden, dass z. B. E-Recruitingsoftwareanbieter natürlich sowieso alles versprechen, was sie am Ende nicht halten. Aber dann ist das System implementiert und das dann gleich wieder ablösen…? Da war die ganze Mühe ja umsonst! Und was das wieder an Zeit und Aufwand kostet!! Und ob der neue Anbieter wirklich besser ist? Nein, jetzt bleiben wir dabei! Sollen sich die Recruiter mal nicht so anstellen. Kommt Ihnen bekannt vor? Klar, willkommem im Club!

Also, mal abgesehen davon, dass wir in einer unvollkommenen Welt leben, werden Entscheidungen für oder gegen E-Recruitingsysteme ja nicht immer aus guten (Recruiting)gründen getroffen. Sondern z. B. weil der Vertrieb und das Marketing von Anbieter A einfach besser sind als von Anbieter B (obwohl B das bessere Produkt hat). Oder weil Anbieter C günstiger ist. Oder weil Anbieter D eine Schnittstelle zum HR Stammdatensystem hat. Wodurch der gerade eingestellte Bewerber „haste nicht gesehen“ auch systemseitig zum Mitarbeiter wird (zumindest nach Aussage des Anbieters …). Die Frage, ob die anderen Anbieter nicht auch diese Schnittstelle bauen können (doch, können sie in der Regel gegen einen Aufpreis) oder wie wichtig diese einfache Integration am Ende wirklich ist und ob ein schlankes Bewerbungsformular und die mobil optimierte integrierte Karriereseite beim Anbieter X nicht viel besser zum eigentlich Bedarf passt – diese Fragen werden ignoriert. Sehr schön auch die oft gehörte Erfahrung: Ihr Arbeitgeber sucht ein tool für die Personalentwicklung (oder was auch immer im HR) und natürlich natürlich hat der ausgewählte Anbieter auch ein Recruitingmodul am Start, dass er Ihnen „mal eben“ und für einen „Schnapperpreis“ mit verkauft und installiert. Ach, wie sich das Management da freut. Nur die Recruitingabteilung meistens nicht. Die leben dann entweder mit einem schlechten oder einfach nur schlecht angepassten E-Recruitingsystem und bekommen nach fünf Jahren Stöhnen ein kleines Budget, um nötige Anpassungen von Beratern durchführen zu lassen. DAS kostet.

Robindro Ullah hat gerade zu diesem Thema „Auswahl eines E-Recruitingsystems“ einen interessanten Artikel veröffentlicht „Top 5 Auswahlkriterien für Bewerbermanagementsystems„. Die Reaktionen der Praktiker ließ auf XING nicht lange auf sich warten. Und zeigt, dass die HR Welt doch mächtig komplex ist.

Kommentar Birger Meier und Bernd Konschak

Also, Sie sehen: Fokus und Ressourcen spielen im Recruitingalltag der meisten Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Ändern Sie das – und Sie werden Recruiting in seiner pursten Form umsetzen können. Und ein neues Erfolgslevel erreichen. Ich verspreche es Ihnen! Aber um es wirklich perfekt zu machen, müssen Sie noch Recruiting Hebel Nr. 3 betätigen. Aber darüber schreibe ich Ihnen in einem neuen Artikel. Der hier ist eh schon zu lang.

Aber eine letzte Anmerkung noch: Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Es hat Gründe, warum die wenigsten Unternehmen diese beiden Hebel richtig nutzen. Und diese Gründe werden Sie, liebe/r Leser/in (sofern Sie nicht im Top Management sitzen) nicht mal so eben ändern. Schauen Sie sich nochmal den Kommentar von Bernd Konschak an (s.o.). Da sind viele Variablen, die HR nur bedingt beeinflussen kann. Das tut mir wirklich leid für Sie hochmotivierten Personaler/Recruiter. Das ist weiterhin ein hartes Stück Arbeit. Aber ich finde Sie sollten wissen, das es nicht unbedingt an Ihnen liegen muss, wenn das Recruiting nicht läuft. Kann sein, muss aber nicht :-). Wenn sich Ihr Management das nächste Mal also wieder über das schlechte Recruiting beschwert, sagen Sie ihm einen schönen Gruß vom Zaborowski. Der hätte da ein paar Vorschläge ….

Und machen Sie sich klar: Sie sind nicht alleine! Woanders ist es in der Regel auch nicht anders.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

DER Schlüssel für erfolgreiches Recruiting – auch mit wenig Budget & Ressourcen!

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Henrik Zaborowski Fokus & Ressourcen sind zwei wesentliche Hebel, mit denen Sie 80% Ihres Recruitingerfolgs erreichen können. So schrieb ich vor ein paar Tagen in „Garantiert erfolgreiches Recruiting. Und ich versprach Ihnen noch einen 3. Recruiting Hebel. Der meiner ganz persönlichen Erfahrung nach wirklich DER Schlüssel für erfolgreiches Recruiting ist. Wenn Sie diesen Schlüssel drehen, dann brauchen Sie nicht viel mehr, um etwas zu bewirken. Das ist kein Werbespruch. Das ist meine Erfahrung aus 15 Jahren Recruiting. Egal ob als „noch grüner Personalberater“, als „etablierter Szenekenner“ oder „Recruiter eines No Name Arbeitgebers mit kaum Budget“ – mit diesem Hebel werden Sie erfolgreicher sein als bisher. Versprochen! Sind Sie bereit?

Wie Sie wirklich erfolgreich rekrutieren – auch mit wenig Budget

Der Schlüssel zu Ihrem Reruitingerfolg ist:

Mindset!

Sie als handelnde Person sind DER wesentliche Schlüssel für Ihren Recruitingerfolg. Besser gesagt, Ihr Mindset! Sie handeln, wie Sie denken! Um richtig handeln zu können, müssen Sie das Richtige über das Recruiting denken. Sie brauchen das richtige Mindset! Wie auch Christoph Athanas schon 2014 im Human Resources Manager meinte. Gerade gestern telefonierte ich mit einem Leiter Recruiting, der eine neue Aufgabe übernommen hat und mir das ebenfalls ungefragt bestätigte. Natürlich muss er Prozesse optimieren und neue Kanäle erschließen. Aber seine wichtigste Aufgabe scheint es zu sein, seinen Recruitern ein neues Denken zu vermitteln. Sie zu motivieren, pro-aktiver zu rekrutieren. Mindset! Und damit meine ich nicht Persönlichkeit. Ich habe inzwischen viele unterschiedliche Recruiter kennengelernt. Persönlichkeit (im groben Sinne wie extravertiert/introvertiert oder strukturiert/unstrukturiert) spielt eine untergeordnete Rolle. Sie ist sicherlich nicht ganz unwichtig, aber was ich mit Mindset meine, ist etwas, dass jeder lernen kann (ob er/sie es dann mag, ist eine andere Frage).

„Also, Zaborowski, haben Sie es auch mal konkreter?“ Ja, klar, habe ich. Zum nötigen Mindset eines Recruiters gehören für mich vor allem:

Neugier
Offenheit und Toleranz
Machermentalität
Risikobereitschaft

Lassen Sie sich bitte mal mit mir auf ein Gedankenspiel ein: Stellen Sie sich vor, Sie sollen als Recruiter wirklich nur Recruiting machen. Und jetzt sitzen Sie vor Ihrem Rechner – und haben keine Bewerber. Sie haben den übliches Spökes schon umgesetzt. Also, ähm, die Stelle online in der Jobbörse Ihres Vertrauens geschaltet. Sie haben mal eine halbe Stunde in XING rumgestochert. Und ja, Sie haben auch schon mit dem Personalberater Ihres Vertrauens gesprochen. Aber auch nach einer Woche bleibt es Fakt: Sie haben keine Bewerber. Nun, für viele Personaler kein Problem. Dann machen die halt was anderes, während sie auf die Bewerber warten. Gibt ja immer was zu tun, wie ich im letzten Artikel schon schrieb.

Aber Sie wollen ja ein aktiver Recruiter sein. Vielleicht haben Sie sich ein Schild an Ihre Stirn oder Ihren PC gepinnt, wo drauf steht „Recruiter Next Generation“? Der macht nichts anderes als Recruiting (Fokus!). Also sitzen Sie da – und sind arbeitslos. Kein Bewerber – keine Arbeit! Frage: Wie lange halten Sie das aus? Einen Tag? Oder zwei? Oder zwei Wochen? Nicht ausweichen jetzt! Nicht wieder in alte Muster zurückfallen und sich irgendeine andere Beschäftigung suchen! Ich verrate Ihnen was: Ich halte das drei Tage aus. Dann muss was passieren. Machermentalität (Sie dürfen es meinetwegen auch „Versagensangst“ nennen, aber das klingt so negativ). Und jetzt? Na: Den Standard haben Sie schon probiert. Also müssen Sie was Neues ausprobieren! Wissen Sie, ob das Neue funktionieren wird? Nein! Aber das zählt nicht. „Das Übliche“ funktioniert ja auch nicht. Also, Sie müssen es ausprobieren (Neugier und Risikobereitschaft).

Mein erster Rat an die meisten Recruiter: FANGEN SIE ENDLICH AN, RICHTIG ZU SOURCEN!
Und mein zweiter Rat: FANEN SIE ENDLICH AN, EIN NETZWERK AUFZUBAUEN!

Diese erste Aussage mag jetzt für manche von meinen Lesern überraschend sein. Denn viele sourcen ja schon. Aber wie intensiv? Und was glauben Sie, wie viele Personalabteilungen ich kenne, die den XING Talentmanager haben – und nicht nutzen?! Viele!! Also fangen Sie endlich an. Dafür reicht auch ein Premium Account bei XING! Und wenn XING und Linkedin und Ihre Haus- und Hofjobbörse nichts zu bringen scheinen, oder Ihre Zielgruppe sich nicht zum Sourcen eignet (auch das gibt es!) – setzen Sie sich endlich mit neuen Quellen (Jobbörsen und Datenbanken) auseinander. Die Möglichkeiten sind riesig. Indeed, Google Advertising, Stackoverflow, get-in-it,(einen Einblick gibt es übrigens auf meinem youtube Kanal), alphajump, TalentsConnect, feelgood@work, Truffls, Talentwunder (als Aggregator) oder was auch immer für Ihre Zielgruppe relevant ist. Wissen Sie nicht? Na, dann mal los. Recherchieren, in Ihrem Netzwerk rumfragen – und im Zweifel müssen Sie es ausprobieren! Risikobereitschaft! Wie wollen Sie es anders machen? Es geht rein logisch nicht anders.

(Wenn Sie jetzt einwerfen, „Zaborowski, das kostet doch alles Geld“, dann haben Sie Recht. Aber darüber habe ich schon im ersten Artikel geschrieben).

Was passiert jetzt? Sie bekommen „Bewerber“. Versprochen! Aber wahrscheinlich nicht in der Form, wie Sie es erwarten. Da flattert keine Bewerbung mit schönem Anschreiben in Ihr Online-Recruitingsystem. Sondern da kommt vielleicht nur eine mail von feelgood@work mit einem Link zum XING Profil eines „Interessenten“, der Ihnen eine Visitenkarte schickt. Und den link klicken Sie. Und schauen sich das Profil an. Und jetzt mein Tip: Wenn Sie sich nicht wirklich 100% sicher sind, dass dieser „Interessent“ eine Vollmeise hat oder nun faktisch überhaupt nicht auf diese Stelle passt (weil Ihr Fachbereich einen Bewerber mit Studium in Quantenphysik will, der Interessent aber Musikpädagogik studiert hat), dann schreiben Sie ihm eine nette Nachricht. Und suchen den Austausch. Per mail, Sozialem Netzwerk oder Telefon. Absagen können Sie immer noch! Das ist Arbeit. Aber das ist Fokus, Machen und Neugier.

Wenn Sie auf eine „perfekte Bewerbung“ warten, sage ich es Ihnen nochmal (habe darüber schon öfter geschrieben): Eine vollständige und gut aufbereitete Bewerbung(smappe) ist kein Indiz dafür, dass der Bewerber den Job kann! Kein Indiz!! Wenn Ihnen das Probleme macht, überlegen Sie doch mal: Wer hat tendenziell die besten Bewerbungsunterlagen? Der, der sich intensiv mit dem Thema Bewerbungen beschäftigt, weil er schon lange oder häufig auf Jobsuche ist. Und wer hat tendenziell die geringsten Erfahrungen? Der, der aufgrund seiner Leistungen oder seines Netzwerks ständig Jobangebote bekommt, ohne sich bewerben zu müssen. Ich führe sofort ein Telefonat mit jemanden, dessen „XING oder was auch immer“ Profil in mir den Eindruck weckt, der könnte den Job. Da brauche ich kein Anschreiben, keinen Lebenslauf, keine Zeugnisse. Und die brauchen Sie auch nicht!

Und wenn Sie diese Hürde gering halten, dann kommt die nächste Stufe, in der Sie Ihre gelernte Vorbehalte über Bord werfen müssen. Denn wissen Sie was? Wenn mir ein promovierter Mathematiker aus dem Nahen Osten, der in Deutschland promoviert hat und seit einem Jahr arbeitslos ist, so eine Visitenkarte schickt – dann brenne ich darauf, die Geschichte dieses Mannes zu hören. Und dann denke ich nicht: „Oh, der ist schon seit einem Jahr arbeitslos. Der kann bestimmt nichts, stottert oder hat Dreck unter dem großen Zehnagel (oder was auch sonst Sie für Befürchtungen haben). Sonst hätte ihn schon längst jemand eingestellt“. Nein, dann denke ich „Oh wie geil, das ist bestimmt wieder jemand, dessen Potential meine Recruitingmarktmitteilnehmer nicht erkennen, weil sie zu viele Vorbehalte haben, oder keine Zeit oder keine Neugier oder keine Macher sind. Den funke ich an“. Dann telefoniere ich mit ihm. Und dann kann er mir gerne im Nachgang seine Unterlagen schicken. Die pflege ich dann auch selbst ins E-Recruitingsystem ein, wenn es nicht anders geht. Und ich freue mich am Ende für alle Beteiligten, wenn er eingestellt wird. Wie gerade wieder in meinem Interimprojekt bei der BearingPoint Software Solutions geschehen. Das ist eine Freude, das sage ich Ihnen. Und gibt mir das gute Gefühl, doch nicht nur völligen Blödsinn zu machen.

Also, werfen Sie Ihre Vorbehalte über Bord. Ändern Sie Ihr Mindset! Gerade in der Personalauswahl. Solange Sie nicht ernsthaft mit dem Bewerber/Kandidaten = Menschen gesprochen haben, wissen Sie definitiv nicht, ob er/sie passen könnte oder nicht. Ein Lebenslauf ist KEIN valides Personalauswahlinstrument. Das dürfen Sie mir glauben. Oder passt Ihre Persönlichkeit und all Ihr Können, Ihre Fähigkeiten, Erfolge, Eigenheiten, Ihr Wissen, Ihr noch unentdecktes Potential auf zwei oder drei Seiten? Das glauben Sie doch nicht ernsthaft!!! Nein, das glauben Sie nicht. Warum handeln Sie dann bei anderen danach? Hören Sie auf damit!

Wenn Sie noch Überzeugungshilfe brauchen: Hier stellen ich Ihnen drei Fragen, die Sie überzeugen sollten:

Und wenn da jemand drei kurze Stationen hintereinander hat, dann muss das weder ein Gewaltverbrecher, ein Betrüger oder ein low performer sein. Sondern dann wurde vielleicht beim ersten Arbeitgeber der Job gestrichen, beim nächsten kam er mit seinem Chef nicht klar (und hat die Konsequenzen gezogen) und beim letzten ist er unterfordert. Ich sage nicht, dass das so sein muss! Aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht niedrig! Wissen Sie, in Deutschland hat niemand, der halbwegs intelligent ist, freiwillig zwei oder drei kurze Stationen im Lebenslauf! Glauben Sie mir! Wer ein wenig Lebens- und Berufserfahrung hat, der weiß, dass die Mehrheit aller Personaler und Fachbereiche so jemanden gar nicht erst zum Gespräch einladen. Also wird das tunlichst vermieden. Und lieber weiter Dienst nach Vorschrift gemacht oder sich weggeduckt und ausgehalten. Deutschland ist das Land der Risikovermeider! Und eine lange Betriebszugehörigkeit ist übrigens nicht automatisch ein Qualitätsmerkmal.

Es kann natürlich trotzdem sein, dass dieser Bewerber dreimal rausgeflogen ist, weil er als Mensch nicht tragbar ist. Oder fachlich nichts kann. Aber auch das finden Sie nur raus, wenn Sie sich mit ihm beschäftigen. Fangen Sie damit an. Ändern Sie Ihr mindset. Vergessen Sie, was Ihnen die ganzen Bewerbungsratgeber und „die alten Herren, die seit 30 Jahren im selben Unternehmen sind, weil sie nie die Notwendigkeit oder den Mut hatten, mal zu wechseln“ erzählen. Das Leben ist nicht linear! Und Menschen sind nicht logisch!

Ich verspreche Ihnen: Sie werden nicht nur erfolgreicher recruitieren, Sie werden auch viel mehr Spaß im Job haben und einige echte Überraschungen erleben. Und irgendwas schönes muss der Job als Recruiter doch auch haben, oder?

Das ist (sehr wahrscheinlich) mein letzter Artikel vor Weihnachten. Deswegen möchte ich den mit meinen besten Wünschen an Sie und Ihre Familie beenden. Ich hoffe, Sie können in den nächsten Tagen ein wenig abschalten (vielleicht mit einem langen Waldspaziergang?) und haben Zeit für sich und Ihre Lieben. Und ich wünsche Ihnen eine gesegnete Weihnachtszeit mit der Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu Besinnen. Sie wissen doch, Weihnachten hat eine Hauptperson. Und das ist nicht der Weihnachtsmann :-)

Kommen Sie gut ins neue Jahr – wir lesen uns dann hoffentlich 2016 wieder! Da schreibe ich dann mal konkreter über die Bedeutung von Netzwerken.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

Social Recruiting wird die (HR) Arbeitswelt sprengen!

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Social Recruiting Coach Henrik ZaborowskiSocial Recruiting ist „the next big thing“ der Arbeitswelt! Es wird über HR hinwegfegen und nichts so lassen, wie es war!! Vor meinem geistigen Auge sehe ich verzweifelte Personaler orientierungslos umher irren. Auf der Suche nach Halt und ihren geliebten Routinen. Und ich sehe noch etwas: Führungskräfte, die sich desorientiert fragen, warum sie sich auf einmal mit Menschen beschäftigen müssen. Da mussten sie doch noch nie! Dafür gab es doch immer HR … Sie glauben mir nicht, oder? Aber ich garantiere es Ihnen! Und ich erkläre es Ihnen auch. Jetzt. Hier.

Social Recruiting ist nicht „noch mehr Recruiting“

Vielleicht glauben Sie, im Zuge des immer enger werdenden Fachkräftmarktes müssen Sie ein wenig „mehr“ machen? Sie schalten also nicht nur eine Anzeige in Ihrer Lieblingsjobbörse, sondern posten die auch auf XING? Oder bauen eine schicke Facebook Seite? Oder starten einen Unternehmensblog? Und setzen endlich mal Ihre hart erarbeitete EVP in Bild und Wort um? Und kommunizieren die? Mit Videomitarbeiterbotschaften? Kurz: Sie machen das, was Ihnen die Experten (und auch ich) empfehlen. Und freuen sich, dass Sie nun nicht mehr nur Recruiting machen, sondern auch das große, schöne Buzzwort „Social Media Recruiting“ für sich verbuchen dürfen. Und denken, das ist alles, was Sie tun müssen. Aber Sie irren sich. Denn Social Media Recruiting ist besser als „post & pray“ aber springt zu kurz. Und ist nur ein kleiner Teil von Social Recruiting.  Auch wenn Ihnen die ganzen Theoretiker, Berater und Agenturen das immer als ein und dasselbe verkaufen wollen. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig, so wie „damals“, als ich 2012 schon zu den Anfängen des Social Media Recruitings auf die Überforderung der Erziehungsberechtigten hinwies.

Kleiner Tip von mir am Rande: Gehen Sie nicht zum Raumausstatter, wenn Sie eine Ameisenplage im Haus haben. Jemand, der die Wohnung „schön macht“ reicht dann nicht. Sie müssen sich erstmal um die Ameisen kümmern!

Und auch wenn ich Ihnen demnächst ein schönes Bespiel wirklich erfolgreichen Social Media Recruitings präsentieren kann (einen kleinen Ausblick gibt es bereits unter „Candidate Experience – leicht & locker„) – Social Recruiting ist viel mehr. Und die einzig mögliche Antwort auf die Herausforderungen des Recruitings der Zukunft. Sie werden wahrscheinlich den Kopf schütteln und sagen: „Zaborowski, was soll sich denn ändern? Recruiting haben wir doch immer schon so gemacht – und aus gutem Grund!“ Aber dass das Internet irgendwann wieder weggeht, das glauben Sie inzwischen nicht mehr, oder? Und genau so wird es Ihnen in ein paar Jahren mit Social Recruiting gehen. Wenn Sie genau hinsehen, können Sie es nämlich schon ganz deutlich erkennen. Und wenn nicht: Ich zeig es Ihnen gleich!

Recruiting – oder: Wir wir uns selbst verarschen!

Fangen wir doch mit dem Witz der Geschichte an: Social Recruiting ist uralt!!! Echtes, funktionierendes Recruiting ist nämlich nichts anderes als Kommunikation und Interaktion. Kluge Köpfe könnten es auch „Beziehungsarbeit“ nennen. Und die gab es schon immer, seit es Menschen gibt. Das Problem ist, dass wir das, was am wenigsten zu automatisieren und standardisieren ist, nämlich die Beziehungsarbeit von Menschen, automatisiert und standardisiert haben. Die Industrialisierung lässt grüßen. Die starke Industrie und ihre Managementmethoden haben es uns vorgemacht. „Tataata! Seht her! So geht Wirtschaft, mit diesen drei Schritten geht es zum Erfolg!“ Und HR hat es nachgemacht. „So muss eine Bewerbung aussehen, das muss ins Anschreiben, 7-10 Sekunden braucht ein guter Personaler für das Sichten von Bewerbungsunterlagen ….“ Abarbeiten, nach Schema F, genormt und standardisiert, so finden wir die perfekt passenden Bewerber heraus. Und wir haben so an dieses „perfekte“ System geglaubt, dass uns gar nicht auffiel, wie schwachsinnig die Sprüche auf unseren Karriereseiten in Kombination dieses Recruitingsystems sind! „Bei uns steht der Mensch im Vordergrund“ und „We hire for attitude and train for skills“! BRÜLLER!!! Ernsthaft? Der Personaler fliegt in 7-10 Sekunden über den auf zwei genormten Seiten Lebenslauf und entdeckt die Persönlichkeit eines Menschen? Im Leben nicht. Und wenn, fliegen die ganzen Persönlichkeiten doch alle vorher schon raus! Denn wir wollen Standards, Fleiß, Disziplin, Loyalität, Gehorsam, ja Unterwürfigkeit in den Bewerbungsunterlagen sehen („Und warum haben Sie sich bei UNS beworben?“. So findet man keine Persönlichkeiten. So nicht. Auch nur supoptimal die mit dem nötigen fachlichen Skills. Aber ich verlier mich mal wieder. Wer sich mit der Schwachsinnigkeit unseres Bewerbungssystems auseinander setzen möchte, den verweise ich auf meine kleine Reihe: „Warum unsere Personalauswahl nichts taugt„. Oder Sie lesen den blogartikel vom Henner Knabenreich, in dem er auf das Buch „Die Auswahl“ (und was bei ihr alles schiefläuft) hinweist.

Recruiting ist Käse – Social Recruiting ist Speck!

Kommen wir zurück zur Industrialisierung und ihren Managementmethoden. Die gerade alle langsam aber sicher gegen die Wand fahren. Weil die Digitalisierung mit ihren disruptiven Innovationen keine Vorhersagen und damit keine Standards mehr möglich macht. Ich empfehle Ihnen dazu u.a. Niels Pfläging. Und wer wissen möchte, warum keiner Innovationen mag (und warum die Automobilindustrie in einigen Jahren ihre Koffer packen kann), dem empfehle ich von Herzen diesen absolut fantastischen Vortrag von Dr. Gunther Dueck bei Daimler. Das werden Ihre best investierten und unterhaltsamsten 70 Minuten seit langem. Dueck sagt übrigens auch: „Nachdenken ist sowas wie chillen“. Also, abends den Wein und Kopf auf und zuhören 🙂

Vieles von dem, was Dueck erzählt, können Sie auch auf die Veränderungen im Recruiting übertragen. Wir wollen Bewerber – aber mit den alten Methoden!!! Wir machen das, was wir schon immer gemacht haben. Nur mit mehr Einsatz! Denn wie heißt es so schön im Management? „Sie müssen sich nur mehr anstrengen, raus aus der Komfortzone, gehen Sie die Extra-Meile“. Blödsinn!!!! (sagt Dueck) Machen Sie was anderes. Die ganzen Fachbereiche und Personaler, die mehr, bessere oder andere Bewerber wollen, die wollen alle Käse. Aber in Zukunft gibt es nur noch Speck!!!! (um das zu verstehen, schauen Sie sich Dueck an. Es lohnt sich wirklich!!!!). Sie laufen auf der Suche nach Käse am Speck vorbei und ignorieren den. Nein, Sie mögen ihn wahrscheinlich nicht einmal. Aber die Zukunft ist Speck! Und der ist lecker!! Also, nehmen Sie den Speck. Er liegt direkt vor Ihnen. Social Recruiting ist Speck. Und glauben Sie mir, privat liebe ich Käse – aber beruflich ist dieser Speck der Hammer! Selten hat das Recruiting so viel Spaß gemacht.

Social Recruiting – also, was ist es wirklich?

Wir Deutschen lieben ja Definitionen. Und Studien. Und Statistiken. Wahrscheinlich, damit wir uns an etwas „genormten“ langhangeln können. An „Beweisen“, wenn der gesunde Menschenverstand zu erschöpft oder verbraucht zum eigenen Denken ist. Also gibt es auch eine Definition von Social Recruiting. Ich zeige Ihnen jetzt mal eine Definition aus Wikipedia, die so ziemlich dem entspricht, was in Deutschland landauf, landab durch die Veranstaltungshallen, blogs und Social Media Gruppen gelallt wird. Wohl wissend, dass es keine einheitliche Definition gibt. Das schreiben die Autoren auf Wikipedia dankenswerterweise selber. Aber trotzdem, nach dem Lesen löschen Sie diese Definition bitte bitte ganz ganz schnell und für immer aus Ihrem Gedächtnis, ok? Bereit? Den Daumen auf dem „Reset“ Knopf? Ok.

„In der Regel wird Social Recruiting als das Verwenden von Daten aus sozialen Netzwerken zur zielgerichteten Platzierung von Werbemaßnahmen durch Arbeitgeber und Personalvermittler bezeichnet.“ (Quelle: Wikipedia)

Ähm … nein! Das ist Social Media Recruiting. (hatte ich schon erwähnt, dass das nicht dasselbe wie Social Recruiting ist? Ja, ich glaube ja). Weiter unten in dem Wikipedia Artikel wird dann noch erwähnt, dass auch Active Sourcing zum Social Recruiting gehört. Richtig, aber auch das ist noch zu kurz gedacht. Sie denken jetzt wahrscheinlich „Zaborowski, jetzt ist gut. Hack nicht immer darauf rum und komm auf den Punkt“! Sie haben Recht. Ich versuche mich mal selber an einer Definition. Für Sie.

Social Recruiting ist die Bereitschaft und Fähigkeit zwei Individuen, sich unabhängig von ihrer vom Kontext zugewiesenen Rolle (z. B. „Arbeitgeber“ und „Bewerber“) und im Bewusstsein der Komplexität des Lebens auf die Prüfung einer sich für beide Seiten lohnenden beruflichen Beziehung einzulassen. Dabei ist der Weg, die Intensität und das letztendliche Ergebnis der Kontaktaufnahme sekundär und in der Praxis auf vielfältige Art und Weise möglich.

Tja, wenn ich so drüber nachdenke, dann können Sie diese Definition auch auf die Anbahnung einer Liebesbeziehungen anwenden. Oder auch einer oberflächlichen Freundschaft. Auf jeden Fall einer wie auch immer gearteten Beziehung. Warum ist das so? Weil es im Recruiting nicht um Formalien, nicht um Wissenschaft, nicht um Standards, nicht um Profit, nicht um „richtig oder falsch“, sondern um Menschen und damit um Beziehungen geht. Und Beziehungen entstehen durch Kommunikation und Interaktion miteinander. Nicht durch Prozesse! Recruiting ist KEIN Prozess! Aber wir haben in den letzten Jahrzehnten alles dafür getan, um einen Prozess draus zu machen und „den Menschen“ und die Interaktion aussen vor zu lassen. Oder was meinen Sie, welchen Sinn es sonst macht, keine Kontaktdaten vom Recruiter in der Stellenanzeige zu veröffentlichen? Oder statt die Führungskräfte der Fachabteilungen nur die Personalreferenten auf der Karriereseite vorzustellen (wenn überhaupt!)? Oder halt Zeugnisse und formalisierte Lebensläufe (Papier = sachlich) zu verlangen (und zu glauben, an Hand denen könnte man die richtigen Personen auswählen)? Und mit dem abstrakten Konstrukt des Arbeitgebers als Unternehmen zu werben (wir sind die tollsten, besten, schönsten ….)? Anstatt mit den Menschen / Führungskräften, für und mit denen gearbeitet werden soll. Dabei kennen wir doch alle diesen richtigen Spruch: „Man verlässt kein Unternehmen, man verlässt eine Führungskraft“. Oder wie Marcus Reif gerade twitterte:

tweet Marcus Reif

Aber bisher gilt im Recruiting: Hauptsache, der Mensch bleibt außen vor. Und das, lieber Leser, wird sich durch Social Recruiting ändern. Und damit wird es aufwändig. Aber was passiert? Da Sie nicht mehr wie hysterisch nach Käse suchen, nehmen Sie auf einmal den Speck wahr, der vor Ihren Augen liegt. Und dieser Speck, das sind alle Bewerber, die Sie bisher so munter aussortiert haben. Weil zu viele Fehler im Anschreiben waren, weil kein echter Bezug zu Ihnen als Arbeitgeber erkennbar war, weil scheinbar die nötigen Fähigkeiten fehlten oder oder oder.

Social Recruiting – das wird sich ändern!

Eigentlich sollten jetzt drei sehr konkrete Praxisbeispiele kommen. Sie waren eigentlich überhaupt der Grund für diesen Artikel. Tja, eigentlich. Denn dann habe ich mich wohl irgendwie … verloren. In Kleinigkeiten. Definitionen und so. Rechthaberei. Ach, jetzt habe ich Ihre ganze Zeit verschwendet. Sorry, das wollte ich nicht. Aber den Artikel löschen? Nein, das bringe ich nicht übers Herz. Da muss ich Sie jetzt wohl vertrösten. Denn wenn ich noch die drei Praxisbeispiele bringe, dann liest den Artikel doch überhaupt keiner mehr. Der ist doch schon viel zu lang. Das verstehen Sie doch, oder?

Dann schreibe ich Ihnen noch kurz, was sich durch Social Recruiting ändern wird. Damit Sie verstehen, warum es Ihre Arbeitswelt auf den Kopf stellen wird:

  1. Unsere alten Auswahlkriterien (Noten, Anschreiben, Lebenslauf, „Mühe geben“ etc.) nützen nichts mehr (haben nie was getaugt, aber egal)
  2. JEDER wird ein Recruiter. Denn jeder Mitarbeiter / Mensch ist in der Lage, Beziehungen aufzubauen. Und aus Beziehungen entstehen Einstellungen. Damit darf HR sich schon mal überlegen, was sie in Zukunft machen wollen.
  3. Führungskräfte sind ihre eigenen Recruiter! Sie müssen einen Namen und ein Netzwerk in ihrer Szene aufbauen, um die nötigen Spezialisten zu bekommen. Anders wird es nicht mehr gehen.
  4. Recruiting wird aufwändiger, ohne zwingend effektiver zu werden. Denn Kommunikation braucht Zeit und Einsatz, aber ein positives Ergebnis kann nicht garantiert werden.
  5. Die Digitalisierung wird den Netzwerk-/Beziehungsaufbau und  die Pflege erheblich vereinfachen. Allerdings müssen sich die Menschen darauf einlassen.

So, wieder ein zu langer Artikel. Aber wissen Sie was? Wir machen das so: Ich verspreche, dass ich Ihnen garantiert die drei Beispiele demnächst nachliefere. Und damit Sie nicht zu traurig sind, schauen Sie sich einfach nochmal meinen Slambeitrag vom Recruiterslam 2015 an. Und wenn Sie aufmerksam hinhören (das können Sie, das weiß ich!!!), dann hören Sie zwischen Zeilen leise zwei Worte wispern …

 

Also, bis zum nächsten Mal! Und viel Spaß mit dem Speck 🙂

Ihr

Henrik Zaborowski

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Social Recruiting – 4 Praxisbeispiele und Ausblick auf agiles HR!

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Recruiting der ZukunftSocial Recruiting ist kein Social Media Recruiting. Darauf hatte ich in meinem letzten blogartikel „Social Recruiting wird die (HR) Arbeitswelt sprengen“ hingewiesen. Und Ihnen konkrete Praxisbeispiele im nächsten Artikel versprochen, wie Social Recruiting aussehen kann. Und jetzt löse ich mein Versprechen endlich ein. Vier Berichte von konkreten, echten Einstellungen (also nicht nur Ideen oder Wunschgedanken), an denen ich mehr oder weniger beteiligt war. Und am Ende möchte ich Sie noch auf einen sehr spannenden Artikel zu einem agilen Recruitingansatz hinweisen, den ich voll und ganz unterstützen kann. 

Social Recruiting –  effektiv über Netzwerke und mit Hilfe von Facebook

Letztes Jahr im Sommer rief mich Christiane Becker, ihres Zeichens Leiterin Recruiting & Personalmarketing bei Fielmann in Hamburg an. Sie hatte mit Fielmann vereinbart, sich selbständig zu machen und suchte nun ihre/n Nachfolger/in. Klar war, dass Fielmann nicht über eine Stellenanzeige gehen wollte. Sondern über Netzwerke oder wenn das nicht hilft, über einen Personalberater. Sie rief mich an und fragte, ob ich nicht jemanden kennen würde. Wir gingen ein paar Namen durch, die wir aber schnell wieder verwarfen. Aber ich versprach, mich umzuhören. Und natürlich gab ich diese exklusive Information in mein Netzwerk, u.a. in die geschlossene Facebook Gruppe der Personalblogger. Die Reaktionen kamen schnell, sowohl positive als auch negative. Zehn Tage später erhielt ich dann über Facebook diese Nachricht von Susanne Hagen aus der Personalblogger Gruppe.

Facebook Social Recruiting

Einen Tag später rief Herr Schütte mich dann auch schon an. Ich saß gerade im Auto, telefonierte ein paar Minuten mit ihm, gab ihm die wenigen Infos die ich hatte und stellte anschließend über XING direkt den Kontakt zu Christiane Becker her. Anschließend haben sich die beiden vernetzt und telefoniert. Und die Gespräche weitergeführt. Tja, und wie ich dann einige Wochen später erfuhr, ist er es auch geworden. Wilke Schütte, ehemaliger Director Talent Acquisition bei Philips, ist seit dem 1.12.2015 bei Fielmann. Wie? Durch seine ehemalige Mitarbeiterin Susanne, die wusste, dass er sich konkret nach einem neuen Job umsieht und gleichzeitig aus ihrem Netzwerk von der offenen Stelle bei Fielmann wusste. Und ganz einfach einen Kontakt zu mir herstellen konnte. Ganz schlank und agil, organisiert in diesem Fall durch Facebook. Keine Bewerbungsmassen nach einer Stellenanzeige und keine Personalberaterkosten. Ein persönliches Netzwerk. Sowas gab es schon immer, aber durch die Sozialen Netzwerke sind die realen Netzwerke heute natürlich viel viel größer geworden. Diesen Vorteilen sollten Sie nutzen. Also, fangen Sie an, Ihr Netzwerk sinnvoll zu erweitern!

Social Recruiting – mehr „Cultural Fit“ über persönliche Netzwerke

Auch wenn ich schon darüber geschrieben hatte, erwähne ich diese konkrete Einstellung hier der vollständigkeit halber gerne nochmal. Als BearingPoint im Sommer letzten Jahres einen neuen Leiter Recruiting suchte, war ich bereits als Interim Recruiter bei BearingPoint tätig. (Der Kontakt zu BearingPoint kam übrigens ebenfalls durch mein Netzwerk, in diesem Fall über den legendären Heiko Schomberg. Aber das ist eine Geschichte für einen eigenen blogartikel). Und natürlich fielen mir sofort ein paar Personen ein, die grundsätzlich in Frage kamen. Und natürlich gab ich auch diese Information in mein Netzwerk weiter. Und führte einige Telefonate mit Interessierten. Unter anderem mit Tim Verhoeven. Der hat sich nämlich auch bei mir gemeldet. Und natürlich wurde er zu Gesprächen eingeladen. So weit, so normal.

Social Recruiting

Wenn Sie mich jetzt also fragen wollen: „Zaborowski, was ist denn jetzt daran Social Recruiting?“ – ich sage es Ihnen. Denn Tim hätte sich mit Sicherheit auch ohne mich auf die Stelle beworben und er wäre mit Sicherheit auch eingeladen worden. Der entscheidende Punkt ist: In einem oder zwei oder drei Vorstellungsgesprächen können Sie keinen Menschen wirklich kennenlernen. Das ist Humbug. Das musste ich letzte Woche auch mal wieder auf einen Artikel zu „Wie ticken Personaler – ein offener Brief an Bewerber“ auf Edition.F kommentieren. Und da die optimale Besetzung dieser Position bei BearingPoint eine durchaus wichtige Sache war, gab es ein paar Rückfragen an mich. Denn, ich „kannte“ Tim schon ein bißchen besser. Nicht wirklich sehr gut, aber ich hatte ihn schon ein paar Mal auf HR Netzwerktreffen erlebt und kannte seine Einstellung zum Recruiting und zur Candidate Experience durch seine blogartikel. Ich konnte das Bild, das Tim bisher bei den Gesprächen hinterlassen hat, mit gutem Gewissen bestätigen. Was etwas mehr Sicherheit in die Antwort auf die Frage brachte, ob Tim zur Unternehmenskultur passt. Und ich konnte ihn bei der „HR Night 2015“ im Rahmen der Zukunft Personal in Köln mit der HR Directorin von BearingPoint nochmal in lockerer Atmosphäre zusammenbringen. Was auch nochmal ein Stück Sicherheit brachte. Denn am Ende, seien wir ehrlich, sind Personalentscheidungen auch immer Bauchentscheidungen. Und hier haben die Social Recruiting Elemente wie „Netzwerk fragen“ und „informelle Gespräche“ zu einem guten Ende geführt.

Bei der Gelegenheit: Was ich hier nur zum Teil leisten konnte, nämlich Antworten die Frage geben, ob ein Bewerber zur Unternehmenskultur und ins Team passt, ist ein nicht unwesentlicher Aspekt im Recruiting, oder? Immerhin halten 42% der 424 Personalverantwortlichen in der von meta HR und Employour zum Thema „Cultural Fit im Recruiting“ durchgeführten Studie die kulturelle Passung der Bewerber zum Unternehmen für wichtig.

Cultural Fit Studie

 

 

 

 

Die Vorteile in Form von höherer Bindung und geringerer Fluktuationskosten liegen genauso auf der Hand wie eine höhere Motivation und bessere Performance.

Cultural Fit Studie

Aber den Praktiker überrascht nicht zu lesen, dass die wenigsten Unternehmen das Thema bisher ernsthaft angegangen und eine Lösung eingeführt haben. Wenn Sie also nicht immer „einen Zaborowski oder ähnliches“ zur Hand haben, sollten Sie über Lösungen nachdenken. Die komplette Studie kann übrigens bei Christoph Athanas / metaHR über diesen link bezogen werden. Und ich darf schon so viel verraten: Eine „Lösung“ hat er auch.

Social Recruiting – und warum fragen mehr hilft als lesen

Ich halte unser Bewerbungs- und Personalauswahlsystem in Deutschland für eine Katastrophe. Das wissen Sie als Leser meines blogs schon, aber ich möchte es immer mal wieder betonen! Unsere Auswahlkriterien taugen für die richtige Personalauswahl genauso wenig wie ein Lebenslauf, um „Persönlichkeit zu transportieren“. Und Fachkenntnisse auch nicht wirklich. Rein wissenschaftlich betrachtet ist meine Behauptung „bewiesen“, aber ich freue mich natürlich immer, wenn ich das auch mit Praxisbeispielen „beweisen“ kann. So wie jetzt.

Ich hatte für die BearingPoint Kampagne „Absolventen für die Bankenregulierung“ auch auf get-in-it Kandidaten angesprochen. Einer der angesprochenen schaltete mir auch prompt am Wochenende sein Profil frei und ich schrieb ihn in der folgenden Woche an, wann wir denn mal telefonieren und uns ein wenig austauschen wollen. Nachdem ich seinen CV gelesen hatte, hatte ich allerdings meine Zweifel, ob er wirklich für die Stelle passt. Dann sah ich im Recruitingsystem von BearingPoint, dass er sich über das Wochenende bereits beworben hatte, allerdings auf eine ganz andere Stelle als von mir gedacht. Wenige Tage später bekam er die Absage. Tja, damit war das Thema durch, oder? Normalerweise schon. Aber nun waren wir ja „im Kontakt“ und ich bot ihm an, dass wir ja trotzdem nochmal telefonieren können. Was wir dann auch taten. Wir tauschten uns aus, warum er nicht so richtig passte und was er inhaltlich am liebsten machen würde. Es war ein total nettes, entspanntes Telefonat. Und ich dachte: „Der Jung ist echt nett. Eloquent, engagiert, entspannt. Mit dem kann man arbeiten“. Und in einem Nebensatz erwähnte er, dass er bei einer großen deutschen Bank für einen PMO Job im Auswahlprozess ist. Ich fragte ein wenig erstaunt: „PMO? Haben Sie sowas denn schonmal gemacht?“ Worauf er meinte „Naja, nicht so richtig. Aber ich habe in meiner mehrjährigen Werkstudententätigkeit viel im Projektmanagement unterstützt“. Und tatsächlich, in seinen ganzen Aufzählungen im CV tauchte auch einmal das Wort „Projektmanagement“ auf. Aber wirklich nicht so, dass es ins Auge fiel. Nun ja, ich gab ihm noch einen Tip, wo er sich vielleicht noch bewerben könnte und wir verabschiedeten uns.

Einen Tag später erfahre ich, dass ganz kurzfristig bei BearingPoint ein „Analyst Planning & Resource Management“ gesucht wird. Gerne ein Absolvent mit erster Projektmanagementerfahrung, der sich da „reinarbeiten“ will und vor allem kommunikativ ist. Also schrieb ich den Bewerber sofort an, er freute sich riesig, hatte großes Interesse und ich schickte sein Profil dem Fachbereich. Wenige Tage später saß er schon beim Vorstellungsgespräch, bekam ein Angebot und nahm an. Und warum das alles? Weil ich das Telefon in die Hand genommen und einfach mal mit dem jungen Mann telefoniert habe. Dabei war die Absage schon raus. Hätte ich die Info mit der Offenheit für PMO auch ohne das Telefonat bekommen? Wohl nicht. Hätte sich irgendjemand an diesen Bewerber und sein „Projektmanagement“ im CV erinnert, nachdem er die Standardabsage bekommen hat? Eher nein. War ich von ihm überzeugt? Absolut? Warum? Weil ich ihn am Telefon „kennengelernt“ habe. Niemand transportiert seine Persönlichkeit über ein Anschreiben und einen Lebenslauf. Niemand! Weil es nicht geht. Und auch übers Telefon oder erste persönliche Gespräche finden Sie nicht die Persönlichkeit eines Menschen raus. Das geht nur über Jahre. Aber zumindest bekommen Sie mehr vom anderen mit, wenn Sie mit ihm sprechen. Und nicht nur seinen CV lesen.

Was ist Recruiting?

Ich muss es immer wieder betonen: „Recruiting ist Kommunikation und Interaktion“, nichts anderes. Und wer nicht kommuniziert und interagiert, der recruitiert auch einfach schlechter. Weil Sie anhand von reinen Bewerbungsunterlagen keine valide Entscheidung treffen können. Da können Sie auch würfeln. Das ist so. Sie müssen mit den Menschen reden, nicht ihre Lebensläufe lesen. Punkt.

Social Recruiting – wenn nichts passt, aber alles richtig läuft!

Mit den Menschen reden. Das ist das wichtigste überhaupt!!! Recruiting ist kein Prozess, den Sie abarbeiten müssen und dann wird alles gut. Außer, Sie ertrinken in Bewerbungen. Dann ist ein sauberer, klarer Prozess Ihre einzige Möglichkeit. Ob Sie damit immer richtig recruitieren, lasse ich dahingestellt. Aber das ist dann eh nicht Ihr primäres Problem. Aber bei Stellen, die Sie nicht besetzt bekommen, da hilft es, sich vor Augen zu führen, was Social Recruiting nach meiner Definition ist:

Social Recruiting ist die Bereitschaft und Fähigkeit zwei Individuen, sich unabhängig von ihrer vom Kontext zugewiesenen Rolle (z. B. „Arbeitgeber“ und „Bewerber“) und im Bewusstsein der Komplexität des Lebens auf die Prüfung einer sich für beide Seiten lohnenden beruflichen Beziehung einzulassen. Dabei ist der Weg, die Intensität und das letztendliche Ergebnis der Kontaktaufnahme sekundär und in der Praxis auf vielfältige Art und Weise möglich“.

Zu dieser Definition twitterte der hochgeschätzte Prof. Peter Wald (der offensichtlich mal wieder einen tollen HR Innovation Day 2016 hingelegt hat).

Social Recruiting Definition

Social Recruiting Definition

Darum freue ich mich, dafür jetzt ein richtig schönes Beispiel präsentieren zu können. Eine Stellenbesetzung, wie sie auf dem normalen Weg nie zustande gekommen wäre.

Letztes Jahr lernte ich am Ende eines Gottesdienstes unserer FeG Gemeinde in Köln-Mülheim einen jungen Mann kennen, Tim. Wir begrüßten uns, kamen ins Gespräch und ich erfuhr, dass er gerade mit dem Studium durch sei und jetzt den richtigen Berufseinstieg suchte. Naja, Sie kennen mich, ich wurde hellhörig und bat ihn um einen kleinen Abriss seines bisherigen Werdegangs. Ich staunte nicht schlecht, als Tim mir erzählte, dass er erst BWL an der Uni Mannheim abgeschlossen, dann zwei Jahre auf Lehramt Mathe & Wirtschaft in Ingolstadt studiert (abgebrochen), dann ein Semester Psychologie in Würzburg und schließlich seinen Master in Neuroeconomics in Maastricht gemacht hat. Und was wolle er jetzt machen, frage ich? Tja, so richtig wüsste er das auch noch nicht. Irgendwas mit HR, vielleicht. Allerdings hat noch nie vorher Berührungspunkte mit HR gehabt, darum sind wohl auch alle seinen Bewerbungen in dem Bereich erfolglos geblieben. Tja, schwierig, oder? Ich bat ihn, mir mal seinen CV zu schicken und staunte nicht schlecht, als ich seine Noten sah. Der Mann war offensichtlich ein echtes „brain“. (oder nur sehr fleissig :-)). Seine Freunde bestätigten mir aber eher ersteres.

Monate später. Ich hatte irgendwann nochmal mit ihm telefoniert, aber ansonsten hatten wir keinen großen Kontakt. Da erfahre ich, dass mytoys einen „Referenten HR Controlling & Talent Management“ sucht. Und der zuständige Vorgesetzte, Benjamin Kliesch, fragt mich, ob ich nicht jemanden kenne. Es wäre ziemlich schwer, die Stelle zu besetzen. Sie hätten schon jede Menge Gespräche geführt, aber der/die Richtige war noch nicht dabei. Wir unterhielten uns über die Stelle und nachdem ich mehr wusste, lehnte ich mich mit folgender Aussage aus dem Fenster: „Also, was ihr sucht, gibt es so eigentlich kaum. Ich glaube, ihr müsst einfach jemanden nehmen, der gut mit Zahlen umgehen kann, Interesse an HR hat und ansonsten sich bei Euch entwickeln muss.“ Ja, den Gedanken hatte Benjamin auch schon. Und da fiel Tim mir wieder ein. Dessen CV immer noch auf meinem Schreibtisch lag. Ich schilderte Benjamin grob das Profil und empfahl schlicht und ergreifend, Tim mal kennenzulernen. Wenn einer den Job kann, dann Tim. Benjamin war offen, jetzt musste ich nur noch Tim überzeugen. Das war deutlich schwieriger, denn „sowas habe ich doch noch nie gemacht“, was ungefähr seine Antwort. Ich versuchte ihn zu überzeugen, dass das kein Problem sei, weil mytoys offen für jemanden ist, der noch keine Erfahrung in HR hat. Um es kurz zu machen: Tim telefonierte mit Benjamin, zwei Wochen später fuhr er nach Berlin, bekam ein Angebot, überlegte noch mal kurz und nahm an.

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Wissen Sie, Tim hätte sich auf diesen Job nie beworben. Seine erste Reaktion mir gegenüber war: „Das kann ich doch gar nicht“. Und selbst wenn … ob mytoys ihn eingeladen hätte? Ohne bisherigen HR Bezug? Am Anfang sicherlich nicht. Aber was ist passiert? Kommunikation! Ich kannte Tim und mytoys ein wenig. Ich hatte eine Ahnung, dass Benjamin und Tim gut zusammen passen (beide sind sehr clever und neigen aus meiner Sicht eher zu Bescheidenheit). Mir war klar, dass Tim den Job können wird. Ich konnte Einfluss auf beide Seiten nehmen. Nicht mit Gewalt oder Manipulation, sondern einfach, in dem ich beiden Seiten die Möglichkeit gab, sich vorurteilsfrei aufeinander einzulassen. Und dann haben beide eben interagiert. Es hätte auch vergebene Liebesmüh werden können. Wie es ausgeht, wusste vorher keiner. Aber, Recruiting ist Arbeit (falls Sie das noch nicht wussten). Ohne Interaktion geht es nicht.

Social Recruiting – gibt es auch als Vortrag

Ich könnte Ihnen noch einiges mehr erzählen, aber ich glaube, der Artikel ist schon wieder viel zu lange. Letzte Woche war ich als Keynote Speaker bei der Sommertagung einer renommierten Executive Search Beratung. Und habe darüber gesprochen, wie sich unserer Recruitingwelt gerade elementar verändert. Weil sich unsere Kommunikation gerade elementar verändert. Das Feedback war sehr positiv und für die Präsentation hatte ich viele bunte Bilder mit Praxisbeispielen erstellt. Das waren launige 45 Minuten. Mit anschließendem Mini Active Sourcing Workshop für die Researcher.

Wenn Sie Lust auf „mehr“ zum Thema Social Recruiting haben: Am 30. Juni bin ich als Speaker auf der RecruitmentLounge von Staufenbiel in Frankfurt. Und werde diesen Vortrag (oder in der Art, das weiß man bei mir nie so genau), wieder halten. Wenn Sie dabei sein möchten, können Sie als meine treuen Leser mit dem Gutscheincode „LOUNGEFRANKFURT“ 50% auf die Teilnahmegebühr sparen. Das ist doch mal was, oder 😉

Und jetzt empfehle ich Ihnen noch den überaus spannenden Ausblick, wie sich das Recruiting in Zukunft auch in der operativen Umsetzung verändern könnte. Patrick Koglin blogt über „Agile HR – die Zukunft des Personalmanagements„. Und befasst sich vor allem mit dem Recruiting. Kleiner Vorgeschmack auf agile HR gefällig? Gerne, hier ein kleiner Ausschnitt:

Agile HR

Also, danke für’s „dranbleiben“. Ich schreibe momentan sehr selten und dann leider sehr lang. Aber, dafür können Sie sich ja auch einfach etwas Zeit mit dem Lesen lassen 🙂

Bis zum nächsten Artikel – oder bis zur RecruitmentLounge?

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

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Recruiterslam 2016 – Recruiting mit “Bähm”!

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Recruiterslam 2016Der Recruiterslam 2016 zeigt: Recruiting kann auch richtig Spaß machen – und Recruiter können mehr als dumpfe Stellenanzeigen verfassen und Standardabsagen zu verschicken. Auch wenn viele Bewerber es nicht glauben können, es gibt sogar richtige Freigeister, Denker und Dichter unter den Recruitern. Den Beweis traten sieben Recruiter / Personaler beim Recruiterslam 2016 in Stuttgart an. Und als Vorjahressieger, der nach dem Modus diesmal nicht antreten durfte, muss ich sagen: Ich ziehe meinen Hut vor der Performance der KollegInnen!! Das war vom Feinsten und ich war durchaus etwas dankbar, mich diesmal dieser starken “Konkurrenz” nicht stellen zu müssen. Für alle, die nicht dabei waren: Sie haben wirklich was verpasst!

Recruiterslam: Recruiter machen dem Slam alle Ehre

Nachdem letztes Jahr bei der Premiere ja noch niemand richtig wusste, was eigentlich erwartet wird und die einzelnen Beiträge von “spontan und chaotisch” bis “im Detail ausgearbeitet und mit PowerPoint” reichten, sah es dieses Jahr ganz anders aus. Die Teilnehmer nahmen sich diesmal das Konzept eines Slams (ein literarischer Vortragswettbewerb) wirklich zu Herzen. Und ich bin mir sicher, es lag nicht an meinem späten, kleinen Intro als Einstimmung:

Es gab fast keine klassischen Vorträge, sondern es wurde gereimt, Geschichten erzählt und sogar gesungen. Und das war allererste Sahne und machte auch dem Publikum jede Menge Spaß. Tatsächlich waren die Beiträge so vielschichtig, dass ich keinen wirklich inhaltlich kurz wiedergeben kann. Und ein “herauspicken” eines einzelnen Beitrags würde den anderen Teilnehmern Unrecht tun. Sehr sehr schade war, aber dem Modus entsprechend, dass wir auch einige Beiträge nicht hören konnten. Denn es traten ja immer zwei, bzw. einmal drei Slamer gegen einander an, um sich dann im Finale zu viert nochmal zu battlen. Konkret waren das Nora, Jan, Robin und Jannis.

Umgekehrt hieß das natürlich auch, dass wir die zweiten Beiträge der Slamer, die nicht im Finale waren, nicht genießen konnte. Dabei hatte mir der Heiko Schomberg im ICE auf der Hinfahrt schon zugeraunt, sein zweiter Beitrag wäre “Hammer” und er hofft inständig, weiterzukommen.

Da machte ihm Nora Jarzynski allerdings einen Strich durch die Rechnung. Lieber Heiko, ich hoffe, wir können den nochmal irgendwo irgendwann von Dir hören! Wie auch den von den anderen Slamern. Und am liebsten auch alle vorgetragenen Slams. Leider wurde dieses Mal nicht per Video aufgezeichnet 🙁

ABER: Es gibt ja dieses Internet. Und da haben einige der Teilnehmer ihre Beiträge schon online gestellt.

Zum Beispiel Jan Hawliczek, der einen Parcourritt durch die deutsche Personaler Buzzword Welt vollführte und uns in das Land der Sagen und Märchen verführte. Großartig, wirklich. Da ließe sich fast ein Suchspiel draus machen: Welches Buzzword oder bekannten Namen hat er vergessen?” Vermutlich keinen!

Hier geht es zu “Jan, die Grüne 3 und die Recruiting-Wunder im Dunkeln: Ein schauriges HR-Märchen in 2 Akten

Und hier zur “Ei(n)-Taucherbrille” von Heiko Schomberg.

Weitere Beiträge werden hoffentlich noch folgen. Genauso wie weitere Berichterstattungen, wie z. B. vom Mit-Veranstalter Michael Witt auf dem personalblogger blog. Recruiter Slam 2016 – mit Dichtkunst und Poesie in die Stuttgarter Nacht.

Ein GANZ GROSSES Dankeschön an dieser Stelle an Michael Witt und Tobias Meinhold vom KulturReservoir für die großartige Veranstaltung und Organisation! Denn die beiden haben uns nicht nur Dichter und Denker der Recruitingwelt präsentiert, sondern uns auch Einblicke in die professionelle Slam Welt gegeben. Es war mir eine große Freude, “Mr. Slam Deutschland”, Wehwalt Koslovsky, live zu erleben und persönlich kennenzulernen. Er verzauberte uns mit einem großartigen Gedicht, mit dem er uns auf sein Projekt dichtorama365 einstimmte. 2017 wird Wehwalt jeden Tag ein Gedicht eines deutschen Dichters vortragen, idealerweise an Originalschauplätzen. Ein großartiges Projekt, um uns die Vielfalt der deutschen Gedichtwelt vor Augen zu führen und uns wieder ein wenig weg vom geschäftigen Alltag hin zur Kunst zu führen. Leider habe ich von diesem Beitrag keinen Mitschnitt, aber wenn Sie mal hören wollen, was sprachlich alles so möglich ist … nehmen Sie sich doch mal ein paar Minuten für diese Beitrag hier:

 

Das letzte Wort gehört natürlich dem Champion! Jannis Tsalikis nahm uns in seinem ersten Beitrag mit durch das Leben des Peronalers Rainer und ließ uns im Finale Anteil nehmen an… tja, an wem eigentlich? Uns allen? Auf jeden Fall an einem Menschen, der einfach nur noch raus will aus seinem Arbeitsalltagstrott. Ganz ganz groß. Jannis war so nett, den Finaltext online rauszubringen. Hier geht es zu “Die Kündigung”. Und einen kleinen Mitschnitt kann ich Ihnen glücklicherweise hier liefern:

Mir bleibt nur “Danke” zu sagen. Und zwar allen Beteiligten, besonders natürlich unseren Slamern. Ihr habt uns einen super Abend bereitet und verlasst Euch drauf: Nächstes Jahr bin ich wieder dabei … und stelle mich dem extrem hohen Nivau. Ich bin stolz auf Euch! Ihr habt den Recruitern alle Ehre gemacht.

Recruiterslam 2016

Und ich hoffe doch, im nächsten Jahr den einen oder anderen meiner Leser begrüßen zu können 🙂 Sie vielleicht?

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

 

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Agiles Recruiting für Anfänger!

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Agiles Recruiting? Keine Angst, das beißt nicht. Sie brauchen das auch gar nicht so nennen. Was ich Ihnen gleich zeige, ist einfach nur gesunder Menschenverstand mit einer „Machen! Jetzt!“ Attitude und der Zusammenarbeit mit den Hiring Managern. Was in vielen Recruitingabteilungen aber tatsächlich schon so revolutionär ist, das Sie es gerne Ihrem HR Vorstand als „agil“ verkaufen können. Und „zack“, schon sind Sie und ich wieder einen Schritt weiter in unserem Vorhaben, das Recruiting zukunftsfähig zu machen. Perfekt, oder? Also, geht schon los.

Agiles Recruiting – Grenzen sprengen

Ich war die Tage bei einem meiner Kunden, der MediFox GmbH in Hildesheim, und saß mit dem Leiter Kundenservice zusammen. Der hat den „Recruitinghut“ auf, weil eine/n Recruiter/in gibt es. Noch nicht, um genau zu sein, denn das ändert sich gerade. Aber das ist eine andere Geschichte. Also, wir schauten uns die Texte der Stellenbeschreibungen an. Und blieben bei den Stellen für Softwareentwickler hängen. Abgesehen davon, dass die Kombination aus „Softwarearchitekt“ mit „Softwareentwickler“ unglücklich ist, fiel uns was anderes auf. Ihnen auch?

Stellenanzeigen Intro

Genau, der Einleitungstext. Also der Text, der auf jeder Stellenanzeige das Unternehmen beschreibt. „Wir über uns„, „Wir sind …“ oder wie auch immer Sie es nennen wollen. Und dieser Text ist immer gleich! Egal, ob es um einen Job als Softwareentwickler, im Vertrieb oder in der Buchhaltung geht. Was für ein Käse, oder? „Nö, Zaborowski, das muss so“, sagen Sie jetzt vielleicht. „Ist doch alles mit Marketing abgestimmt. Alles im CI/CD. Hoher Wiedererkennungswert, Identifikation mit dem Unternehmen“ … bla bla bla. Den Aufschrei, Stellenanzeigen seien austauschbar, habe ich mit „ja klar“ gekontert. Was aber nicht heißt, dass sich das nicht ändern lässt.

Der Punkt ist: Sie müssen für Ihre Zielgruppe kommunizieren, wie Julia Boettcher von der Techniker es hier ganz wunderbar nochmal deutlich gemacht hat. Warum passen Sie also nicht den „über uns“ Text an die jeweilige Zielgruppe an? Weil Ihr E-Recruitingsystem das nicht zulässt? Oder Marketing / Kommunikation das nicht wollen? Tja, aber was will denn Ihre Zielgruppe? Um die geht es doch, oder? Oder haben Sie vielleicht gar keine Idee, was Sie da schreiben sollen? Weil, was interessiert denn die jeweilige Zielgruppe???? Tja, das ist eine gute Frage. Zu der Sie Studien ohne Ende „studieren“ können. Die Sie aber auch einfach jemanden in Ihrem Unternehmen stellen können! Nämlich den Kollegen aus dem jeweiligen Fachbereich. Revolutionärer Gedanke? Ich hoffe nicht, auch wenn ich das in der Praxis anders erlebe. Aber wenn Sie sich einfach mal konkret mit den Kollegen aus den Fachbereichen zusammensetzen, haben Sie schon ein Stück agiles Recruiting umgesetzt.

Agiles Recruiting – mit den Hiring Managern

Wir saßen also vor der Stellenanzeige und ich meinte, „tja, wir sollten mal was schreiben, was die Tekkis interessiert“. Da nahm der Leiter Kundenservice das Telefon in die Hand und rief den Leiter Produktmanagement und den Leiter Softwareentwicklung an. Und 5 bzw. 20 Minuten später saßen beide mit uns im Büro und brüteten über dem neuen Text. Brüten? Nee, Quatsch. Das lief eigentlich relativ geschmiert. Denn die beiden hatten ja einen ganz anderen Blick als wir.

Hier der erste Teil des neuen „über uns“ für die Zielgruppe Softwareentwickler:

4scotty Unternehmensbeschreibung

Aber das ist nur ein Teil. Wir brauchten noch weitere Informationen, denn wir wollten bei der IT-Recruiting Plattform 4scotty ein Unternehmensprofils von MediFox anlegen. Aber, „Ha ha ha, haste gedacht, Zaborowski“, denn da sollten wir Informationen für Softwareentwickler angeben, die wir gar nicht hatten. Wissen Sie als Recruiter, wie der Tech-Stack aussieht und das Entwicklungsteam arbeitet? In den Stellenbeschreibungen, die HR zur Formulierung einer Anzeige vom Hiring Manager bekommt, steht das in der Regel nicht drin. Wenn Sie ausschließlich für das IT Recruiting zuständig sind, dann kennen Sie vermutlich (hoffentlich!) diese Details. Aber als „normaler, breit aufgestellter“ Recruiter? Eher nicht. Aber wer dann? Genau, der Leiter Softwareentwicklung. Und da liegt es doch auf der Hand, einfach mal 30 Minuten mit ihm zusammen am Profil zu arbeiten. Und schon ist das Ding fertig.

4scotty Unternehmensprofil

Agiles Recruiting – ist einfach mal machen

Wissen Sie, ganz ehrlich: Diese Aktion ist ganz objektiv betrachtet auf so niedrigem Niveau, dass ich eigentlich gar nicht darüber schreiben dürfte. Da setzen sich spontan drei Leute aus drei verschiedenen Abteilungen zusammen, um eine Stellenanzeige und ein Unternehmensprofil zu schreiben. Aber der schlechte Witz ist: Genau das findet in der Praxis kaum statt! Also, nicht ernsthaft und grundsätzlich! Und vor allem nicht spontan! Da blockt der Hiring Manager ab, weil er keine Zeit oder Lust hat. Oder meint, für Recruiting ist HR zuständig, nicht er. Oder HR sitzt vor dem 4scotty Unternehmensprofil, kann es nicht ausfüllen und traut sich nicht, den Fachbereich damit zu belästigen. Also lässt man es lieber gleich bleiben. Oder HR schreibt eine mail an den Fachbereich, „wenn ihr bei Gelegenheit mal Zeit habt …“ und dann passiert wochenlang nix. Weil der Hiring Manager denkt „Hä, was ist das denn jetzt? Brauchen wir das? Was bringt das? Wieso soll ich da jetzt Zeit reinstecken? HR, kannst du beweisen, dass es was bringt?“ Oder die mail in seinem Postfach untergeht. Oder er gerade „für sowas“ überhaupt keine Zeit hat. Weil das operative Geschäft drückt.

Sie finden, ich übertreibe? Ich glaube nicht. Sonst würde schon viel viel mehr im Recruiting anders gemacht werden. Das ist die Realität in den meisten Unternehmen. Von der Idee (und der Entscheidungskompetenz und Umsetzungserlaubnis), den „Über uns“ Einleitungstext von Stellenanzeigen individuell auf Abteilungsniveau abzustimmen, ganz zu schweigen.

Wenn Sie etwas ins Laufen bringen wollen, dann müssen Sie alle Beteiligten an einen Tisch und zur Zusammenarbeit bringen! Und zwar möglichst ohne vier Wochen Vorlauf und Abstimmungsrunden. Wenn das in Ihrem Unternehmen nicht geht, wird es in Zukunft immer schwieriger werden. Sowohl mit dem Recruiting, als auch mit dem agilen.

Und wenn Sie jetzt denken, „Oh Mann, Zaborowski, in der Überschrift fett was von „agiles Recruiting“ behaupten und dann hier so einen low brainer präsentieren … Geht’s noch?!!!“, dann möchte ich die Gelegenheit nutzen und darauf hinweisen, was „agil“ denn unter anderem meint. Und bediene mich hier mal bei einer externen Quelle, um einen der vier Leitsätze des Agilen Manifest zu erklären: Die Hervorhebungen sind von mir.

1. Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge

Was ist damit gemeint?

Damit wird ausgedrückt, dass die an einem Vorgang oder Projekt beteiligten Personen, ihr Umgang und Austausch, ihre Kommunikation und ihre Zusammenarbeit einen größeren Einfluss auf die erfolgreiche Durchführung, bzw. den erfolgreichen Abschluss des Projektes haben und damit wichtiger als die Wahl der eingesetzten Prozesse und Werkzeuge sind, zumal die Prozesse letztlich auch nur Werkzeuge sind.

Dieser Leitsatz stellt die am Projekt beteiligten Personen in den Vordergrund und grenzt die agile Vorgehensweise gegenüber den klassischen Vorgehensweisen — die mit ihren eng gefassten und kleinteilig definierten Handlungsspielräumen den Prozess als solchen in den Vordergrund stellen — ab.

Die agilen Vorgehensweisen zielen darauf, den beteiligen Personen den notwendigen Freiraum zu schaffen, damit sie ihre kreativen und handwerklichen Potentiale und Kompetenzen zum Vorteil des jeweiligen Vorganges voll ausschöpfen können, wohingegen die klassischen Vorgehensweisen ein enges Korsett abzuarbeitender Handlungsanweisungen vorgeben.

Und das bringt mich zu einem zweiten Praxisbeispiel. Vor ein paar Wochen saß ich mit den Inhabern eines kleinen Unternehmens der Health Care Branche zusammen. Die beiden erzählten „ihre Geschichte“ mit dem Unternehmen und den Produkten. Ich dachte nur „Wie schade, eigentlich hätte ich das Gespräch aufnehmen müssen“. So klasse waren die Infos, die da bei rumkamen. Wie auch immer, ich meinte dann, es wäre doch super, wenn die beiden mal in einem Video auf der Karriereseite mehr dazu erzählen. Worauf die Chefin meinte: „Wieso, wir haben doch ganz viele Videos von uns und unseren Mitarbeitern“. Worauf ich meinte: „Ok …?! Aber auf der Karriereseite ist nichts“. Was war passiert? Es gab einen Launch und dabei sind die Videos irgendwo „in der hintersten Ecke der Website“ gelandet. Ein Anruf beim Webmaster reichte und innerhalb weniger Minuten waren die Videos wieder online. Und die Verbesserungsvorschläge zu weiteren Informationen und der Struktur des Karrierebereichs waren auch innerhalb eines Tages umgesetzt. Kein Hinauszögern, kein „wir müssen erst noch fragen“, kein „ich weiß nicht ob das so gut ist“. Einfach mal machen. Dann kann es so einfach sein. Leider sind die meisten Recruiter eben nicht in der Situation, einfach mal zu machen und zu entscheiden. Sondern von Kollegen und anderen Fachbereichen abhängig.

Agiles Recruiting – wir brauchen mehr Hofnarren

Und genau mit dieser Erkenntnis möchte ich schließen. In der Digitalisierung und einer agilen Arbeitswelt werden wir diese Abhängigkeiten von anderen noch viel stärker erleben. Um diese Zusammenarbeit aber tatsächlich zu leben, brauchen wir nicht in erster Linie tools, sondern das richtige Mindset. Wie Guido Bosbach und Tim Steigert launig und fundiert betonen. Die beiden habe ich vor ein paar Tagen interviewt. Es war ein großer Spaß. Und das Ergebnis war auch schön: Die Digitalisierung „zwingt“ uns, endlich den Menschen in den Vordergrund zu stellen. Das wird schwer, ich weiß. Aber es lohnt sich. Was helfen kann, sind mehr Hofnarren im Unternehmen. Die dürfen halt nur nicht geköpft werden 🙂

Also, viel Spaß beim Umsetzen – wir hören und oder lesen uns.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

 

Der Beitrag Agiles Recruiting für Anfänger! erschien zuerst auf hzaborowski.

Recruiting im selbstgemachten Fachkräftemangel!

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Fachkräftemangel

Quelle: www.staufenbiel.de

Recruiting in Zeiten des Fachkräftemangel, das ist kein Spaß. Fachkräftemangel ist ja inzwischen so ein Reizwort, oder? Die einen sagen, es gibt ihn. Die anderen sagen, es gibt ihn nicht. Die richtige Antwort lautet wie immer: Es kommt darauf an. In meinen aktuellen Projekten erlebe ich gerade wieder mal banale Beispiele, wie Unternehmen sich den Fachkräftemangel selber ranziehen. Aus eigentlich gut nachvollziehbaren Gründen. Aber unter Ausblenden der Veränderung der Arbeitswelt. Und da diese Veränderungen nicht mehr aufzuhalten sind, sollten Arbeitgeber anfangen, ihre „Gründe für den Fachkräftemangel“ mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein paar Beispiele aus meiner aktuellen Praxis liefere ich Ihnen jetzt hier.

Ich unterstütze aktuell einige meiner Kunden durch Sourcing Maßnahmen in der allseits gesuchten Zielgruppe der IT-Spezialisten (Entwickler, Infrastruktur) und IT-Berater. Wie ich schon in meinem letzten Beitrag „Recruiting zwischen Genie und Wahnsinn“ schrieb, ist das FINDEN der gesuchten Spezialisten nicht das Problem. Sicherlich wird es aus verschiedenen Gründen schwieriger. Auf der anderen Seiten haben uns, wie im Artikel geschrieben, internationale Sourcing Größen (und auch ein paar deutsche ;-)) auf dem SourcingSummit Deutschland gezeigt, dass man heute an ALLE Informationen kommen kann. Die Probleme fangen vor und nach dem Finden an. Ich konzentriere mich jetzt mal auf das „nach dem Finden“, also auf die erfolgreiche Ansprache und in die Interaktion danach.

XING Anfragen werden ignoriert

Zum Beispiel telefonierte ich mit einem guten Kontakt von mir, der als IT Berater arbeitet und in seinem XING Profil den Status „aktiv auf Jobsuche“ stehen hat. Weil er tatsächlich wechselwillig ist, aber nur unter bestimmten Umständen. Er ist einer der gesuchten High Potentials, top ausgebildet, super Projekte und dazu auch noch nett! Er sagte mir, dass er nur ca. 10-15% der XING Anfragen überhaupt liest!! Anfragen für einen Wechsel innerhalb der Beratungsbranche ignoriert er komplett. Diese Anfragen können also noch so gut und individuell sein – sie werden nicht gelesen. Und ähnliches Feedback bekomme ich immer wieder mal von den Spezialisten. Nach dem Motto „ich bekomme so viele Anfrage, die lese ich inzwischen gar nicht mehr„. Was aber auch damit zusammenhängt, dass viele Recruiter/Vermittler offensichtlich immer noch Standardtexte verfassen. Und oft für Jobs, die gar nicht passen. Da hat doch dann wirklich keiner Lust mehr! Wir Recruiter schaufeln uns also offensichtlich kollektiv unser eigenes kleines Grab.

Warum wechseln? Es gibt keinen Grund!

Active Sourcing AntwortquoteIch bin mit meiner Antwortquote von im Schnitt 40% in dieser engen Zielgruppe durchaus happy und eher im oberen Level unterwegs. Das freut mich, nützt mir aber auch nicht viel. Denn die meisten schreiben mir nett zurück: Kein Interesse. Denn: Die sind alle im Job, sind dort gefragt, sind wichtig, haben zu tun, werden in der Regel gut bezahlt … ! Es gibt keinen Grund zu wechseln! Warum sollte ich mich also damit auseinandersetzen? Genau, warum? Lassen Sie es mich ganz klar sagen: Wer zufrieden ist, setzt sich nicht mit einem Jobwechsel auseinander! Dafür ist der Aufwand in Deutschland viel zu groß und das Risiko, dass es hinterher gleich oder schlechter ist, ist auch immer da. Warum also wechseln? Keine Ahnung! 

Natürlich kann man immer einen Grund finden: Mehr Geld, mehr Verantwortung, spezielle und nicht alltägliche Projekte. Aber ob diese Punkte wirklich zu einem Wechsel motivieren, wenn ich grundsätzlich zufrieden bin im Job? Meine Erfahrung sagt: Nein! Die Hürde ist schon groß. Ich kenne sogar Spezialisten, die mir seit Jahren erzählen, dass sie unbedingt wechseln wollen. Aber den Schritt doch nicht machen. Weil es irgendwie dann noch nie so 150% passt. Lassen Sie mich die Erkenntnis festhalten: In Zeiten einer gefühlten (oder tatsächlichen?) Vollbeschäftigung sind die Anreize, den Job zu wechseln, eher gering. Viele Unternehmen haben inzwischen verstanden, dass sie ihre Mitarbeiter halbwegs solide behandeln müssen. Bei den Spezialisten sowieso. Da holen Sie nicht mal eben jemanden weg. Das gelingt ihnen nach wie vor am besten bei den „bekannten Namen Ihrer Szene“. Arbeitgeber, die seit Jahren ein allseits bekanntes Fluktuationsproblem haben, weil sie es nicht hinbekommen, einen Kultur zu entwickeln, in denen sich Mitarbeiter wohl fühlen. Da kriegen Sie immer jemanden rausgelöst. Aber die Unternehmen werden weniger.

Großes Thema Standort und Arbeitsort

Letztens bekam ich aus meinem Netzwerk ein Jobangebot zugeschoben. Da stand tatsächlich „mein Name drauf“, ich war verblüfft. Der Job las sich super. Aber unabhängig davon, dass ich keine Lust mehr auf eine Festanstellung habe, war der Standort der Killer! Für mich „am Ende der Welt“. Bestimmt total schön, idyllisch und perfekt für Familien. Aber erstens in einer Region, in die ich meine Familie nie bekommen hätte. Und zweitens hätte ich halt tatsächlich umziehen müssen. Aber warum sollte ich umziehen, wenn ich in meiner aktuellen Region genug Auswahl habe? Warum? Die Hürde ist groß! Ich bin 2005 von Bremen ins Rheinland gezogen. Das war für uns echt ein Akt. Aber es gab keine Alternative! In Bremen gab es zu der Zeit einfach nichts. Da sieht hier im Rheinland ganz anders aus! Und es gibt ja inzwischen auch Jobs, die kann ich vom home office aus leisten. Habe ich auch schon 1,5 Jahre erfolgreich gemacht. Ich habe also genug Auswahl in meiner Region. Warum sollte ich für einen Job umziehen? Keine Ahnung!

Natürlich finde ich auch jetzt noch Spezialisten, die umzugsbereit sind. Das hat dann aber oft zwei konkrete Gründe: Entweder mögen sie die Region, in der der neue Job ist. Haben dort Familie / Freunde oder sind noch komplett ungebunden und wollen was Neues kennenlernen. Oder sie sind so angefressen von ihrem aktuellen Job und Arbeitgeber, dass ich das Momentum nutzen kann. Wenn dann noch die Tätigkeiten, das Umfeld und das Gehalt passt, dann gibt es tatsächlich eine gute Chance. Aber auch nur dann.

Die Konsequenz der Arbeitgeber muss aus meiner Sicht sein, flexibleres Arbeiten zu ermöglichen. Die ganze Diskussion über home office vs. Präsenzkultur hin oder her. Die Unternehmen MÜSSEN flexibler werden. Während ich diesen Artikel schreibe, bekomme ich auf XING eine Antwort von einem Spezialisten, den ich vor kurzem angeschrieben habe. Seine Frage in der zweiten Zeile: „Ist diese Stelle zu 100% im Office? Oder gibt es home office Verträge?“ Ich muss ja nicht New Work in Reinkultur leben und alles erlauben. Aber klare home office Möglichkeiten, völlig flexible Arbeitszeiten oder die Eröffnung eines Büros an einem anderen, zentraleren Standort muss diskutiert werden. Ich persönlich kann mit kompletter remote Arbeit mit vereinzelten Besuchen im Büro sehr gut leben. Das ist aber auch persönlicher Stil. Ich kenne viele Spezialisten, die wollen jeden Tag vor Ort mit den Kollegen zusammen sein. Fakt ist: Unternehmen an abgelegenen Standorten haben immer mehr Schwierigkeiten, jemanden der nicht aus der Region kommt, dorthin zu locken. Was anderes ist es mit „ehemaligen Einheimischen“, die wieder zurück in ihre Heimat möchten. Aber davon gibt es ja in der Regel auch nicht sooo viele. Also, wir leben in der Digitalisierung und suchen in der Regel IT Spezialisten. Dann gebt denen auch die Möglichkeit die technischen Möglichkeiten zu nutzen und „woanders“ zu arbeiten als in euren geliebten Räumen, liebe Arbeitgeber! Das macht den Arbeitgebern mehr Arbeit und schafft im Zweifel Unsicherheiten (arbeitet der da jetzt auch wirklich?). Aber ihr werdet die Zeit nicht wieder zurückdrehen. Außer es kommt die nächste Weltwirtschaftskrise. Aber dann haben wir alle ganz andere Probleme.

Strukturen und Gehälter

Letztens hatte ich ein nettes Telefonat mit einem IT Spezialisten, der aktiv auf Jobsuche war. Er war fest in seinem aktuellen Job, aber er wollte wechseln und führte auch schon diverse Gespräche. Sein „Problem“ war erschreckend. Er war noch recht jung, hatte aber aufgrund seiner dualen Studiengänge schon einige Jahre Berufs- und noch viel wichtiger: Projekterfahrung in der IT gesammelt. Und offensichtlich ist er auch ein „pfiffiges Kerlchen“ und kann was. Seine Aufgaben und Projekte lesen sich auf jeden Fall sehr interessant. Jetzt bekam er tatsächlich zwei Mal das Feedback von zwei Arbeitgebern, dass sie ihn gerne einstellen würden, aber aufgrund seines Alters wäre er ja noch ein Junior. Mit einer entsprechenden Einordnung in der Hierarchie und Titel und einem entsprechendem Gehalt. Was ca. 25T Euro unter seinen Vorstellungen lag. Unfassbar! Der Mann ist definitiv kein Junior mehr, gemessen an seiner Berufserfahrung. Konsequenz: Er nennt jetzt immer bevor ihn jemand zum Gespräch einladen will, seine Gehaltsvorstellungen und sein gewünschtes Hierarchielevel. So sparen sich beide Seiten viel Zeit.

Und ich muss wieder feststellen: So gut ich auch verstehe, dass jedes Unternehmen „gewachsene Strukturen“ und Gehaltseinordnungen hat – und ja, ich kann nicht jedem alles zahlen – ich muss als Arbeitgeber merken, wenn ich was verändern muss. Ich habe inzwischen Kunden die mir sagen, „Zaborowski, für diese Position ist das Gehalt zweitrangig. Da werden wir uns schon einigen, wenn ansonsten alles passt“. Wir können das als Personaler doof finden und völlig zu Recht auf die Ungleichheit und das Konfliktpotential im Unternehmen hinweisen, wenn „das rauskommt“. Der Punkt ist: Wir werden diese Entwicklung nicht ändern! Wer gut ist und seinen Marktwert kennt, der wird in Zukunft mehr fordern. Und dann brauchen wir nicht mit unseren jahrzehntealten Strukturen argumentieren. Die sind dann unser Problem, nicht die des Bewerbers. Der wird seinen Platz dann halt woanders finden.

Fähigkeiten oder Potentiale?

Wir wissen es alle, aber ich muss es nochmal betonen: Wenn Sie niemanden finden, der perfekt auf Ihre Anforderungen passt – dann nehmen Sie den nächsten, der nur 75% passt! Und bringen ihm den Rest bei bzw. lassen ihm die Zeit, sich zu entwickeln. Wissen und Fachkenntnisse werden doch immer unrelevanter! Sagen wir doch alle immer! „We hire for attitude and train for skills“! Ist in der Praxis aber natürlich nur ein Lippenbekenntnis. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Den mit den Fachkenntnissen stellen wir ein und hoffe, dass es auch persönlich passt. Anders funktioniert ja auch unsere Personalauswahl gar nicht. Dass dieses „System“ nicht mehr lange funktioniert, behaupte nicht nur ich in meinen Vorträgen (siehe unten), sondern auch viel schlauere Köpfe als ich. Marcus Reif, immerhin Chief People Officer bei Kienbaum (wir kennen ihn alle), hat dazu einen tollen Artikel geschrieben: „Hire character, train skills“.

Macht in der Praxis aber kaum jemand, weil niemand die Zeit dafür hat. „Ich muss jetzt die Stelle besetzen, der Job muss jetzt getan werden. Ich kann nicht noch jemanden ein halbes Jahr Zeit zur Einarbeitung lassen“. In der Konsequenz bleibt die Stelle ein Jahr lang unbesetzt … Wir werden das ändern müssen. Gerade hatte ich wieder jemanden, der mir sagte: „Zaborowski, ich will in diesen Arbeitsbereich rein. Ich habe mich schon auf eigene Kosten weitergebildet. Ich bin umzugsbereit. Ich habe aber noch keine direkten praktischen Erfahrungen in dem Thema. Aber ich will da rein. Aber niemand lässt mich. Ich bekomme eine Absage nach der nächsten. Grund: Die fehlende praktische Erfahrung!“ Hier stimmen Motivation und Interesse. Wird sich diese Person fachlich „reinhängen“? Mit Sicherheit! Wird er den Job später gut oder sehr gut machen? Keine Ahnung! Das wissen Sie von dem, der den Job schon seit ein paar Jahren macht, aber auch nicht zu 100%. Warum geben wir den Menschen keine Chance? Wir können uns das einfach nicht mehr leisten. Auch, wenn es natürlich mehr Invest bedeutet. Aber die Zeiten der easy Stellenbesetzungen sind vorbei. Lehnen Sie den Bewerber ab, weil er persönlich nicht passt. Meinetwegen. Aber nicht, weil er fachlich etwas (noch) nicht kann, aber ALLES darauf hindeutet, dass er sich dahin entwickeln will und das intellektuell auch schaffen wird. Dafür müssten wir natürlich erstmal unsere Personalvorauswahl ändern, aber das ist ein anderes Thema.

New Work Schnickschnack

New Work ist ja so ein Sammelbegriff unter dem im Zweifel alles gepackt wird. Ich empfehle zu dem Thema und der aktuell geführten Diskussion übrigens unbedingt die blogparade #newwork17 von Winfried Felser und der Competence Site. Mit super super Beiträgen, u.a. von Harald Schirmer von Continental. Ich will hier nicht stärker auf einzelne Aspekte eingehen. Wichtig ist nur zu realisieren: Ja, die Arbeitswelt ändert sich fundamental! Nicht abrupt heute. Nicht in einem Jahr. Aber der Prozess hat begonnen. Wir kommen auf Dauer nicht mehr drumherum. DAS ist eine Tatsache. Und darum müssen wir die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten genauso hinterfragen wie unsere Einstellung / Meinung zu Mitarbeitern und ihrer Arbeitsmotivation und natürlich auch unser Recruiting. Und zwar in mindset und operativem Handeln. Wir können nicht weitermachen wie bisher! Wir müssen was ändern. Was, das muss jeder Arbeitgeber für sich selbst herausfinden. Aber ein „weiter so“ funktioniert kaum noch. Selbst bei den großen, namhaften Arbeitgebern, die sich an vielen Stellen vor Bewerbungen nicht retten können, ist diese Erfahrung angelangt. Es gibt Bereiche, da muss sich jedes Unternehmen strecken, um die Stellen zu besetzen. Das kann ich Ihnen aus vielen Gesprächen einfach mal verraten 😉

Recruiting in Zeiten der Digitalisierung

So, das war jetzt wieder lang, sorry. Dafür schreibe ich ja momentan sehr selten. Auch sorry. Ich mach jetzt Schluss. Und freue mich auf Ergänzungen / Anregungen in den Kommentaren. Wenn Sie sich noch ein wenig inspirieren lassen möchten, welche Veränderungen ich Ihnen im Recruiting empfehle, können Sie ja noch in meinen letzten Vortrag zum Thema „Querdenker – Nein Danke! Warum die Digitalisierung unsere Personalauswahl ins Abseits drängt“ reinschauen. Ganz lean mit dem Handy bei der Veranstaltung von Cornerstone OnDemand aufgenommen, daher in Ton und Bild keine optimale Qualität. Aber besser als nichts 😉 Bei der Gelegenheit „Dankeschön“ an Jannine Dockhorn von Cornerstone fürs Aufnehmen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Überdenken Ihrer alten Denk- und Verhaltensmuster. Recruiting in Zeiten des Fachkräftemangels bedeutet: Wir müssen den Kopf aufmachen. Bringen Sie ein paar neue Ansätze in Ihr Unternehmen. Ich weiß, ohne Managementsupport wird das nicht gehen. Aber wir werden nicht daran vorbei kommen.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

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Human Collaboration Management – die Zukunft von HR?

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„Human Collaboration Management“ heißt das Buch von Jan C. Weilbacher, ehemals Chefredakteur des Human Resources Manager und inzwischen Berater bei HRPepper.

Und Human Collaboration Management ist für Jan auch der Schlüssel zu einer zukünftig erfolgreichen Wirtschafts- und Arbeitswelt. Jan sieht HR als treibende Kraft, diese Zusammenarbeit in den Unternehmen in Gang zu bringen.
Darüber und einiges mehr haben wir in dieser Folge gesprochen. Leider hatte Jan aufgrund kurzzeitiger technischer Probleme im Office diesmal nicht den besten WLAN Empfang, weswegen die Sprachqualität leider teilweise etwas mässig ist. Sorry dafür, aber irgendwie ist diese Digitalisierung noch nicht ganz in Deutschland angekommen 😉

Viel Spaß beim Hören!

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HR Events 2018 rund um Sourcing, Recruiting und Talent Management

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Henrik Zaborowski Speaker

Tolle HR Events warten auf Sie!

HR Events schießen ja immer mehr wie Pilze aus dem Boden. Da fragt man sich, wann man denn überhaupt noch arbeiten soll? 😉 Aber wenn die Events inhaltlich wertvoll sind, dann sind sie die perfekte Kombination aus Weiterbildung, Netzwerkerweiterung und (hoffentlich) Spaß. Ein paar HR Events stelle ich Ihnen jetzt hier vor. Alle in diesem Frühjahr. Danach gibt es aber auch noch welche, also keine Sorge: Es gibt genug Auswahl. Fangen wir an. 

 

TALENTPro am 22. März 2018 in München

Die TALENTpro ist ein komplett neuer Event. Oder muss ich sagen: Neues Format? Auf jeden Fall extrem vielseitig. Der Anspruch ist hoch. O-Ton des Veranstalters: "Wir nehmen Dich mit auf die Reise in die Zukunft der Talentgewinnung – tiefgehende Einsichten in den Markt und Festivalfeeling inklusive!" Es gibt natürlich Keynote Speaker, einen Recruiter Salon, die HR Safari, eine HR Garage und zwei Schwerpunkte für eine besondere Zielgruppe. Nämlich den "Deep Dive Public Sektor" und den "Deep Dive HSMA" für die Hotelbranche.

 

HR BarCamp am 22.-23. März 2018 in Berlin

Leider kollidiert die TALENTpro mit dem legendären HR Barcamp in Berlin. Wie immer im Elligton und wie immer mit Sicherheit fabelhaft organisiert und launig begleitet von Christoph Athanas und Jannis Tsalikis. Wer da noch hin möchte ... sorry! Die Tickets waren auch in diesem Jahr wie immer innerhalb von wenigen Minuten weg.

Recruiterslam am 12. April 2018 in Stuttgart

Wer Jannis Tsalikis auch ohne Besuch des HR BarCamps unbedingt mal live erleben will, der muss zum 3. Recruiterslam nach Stuttgart kommen. Letztes Mal gewann Jannis mit einer legendären Performance die Trophäe und darf dieses Mal nicht regulär antreten. Aber er wird den Slam eröffnen und dann die Bühne frei geben für acht "Oldies" und "Newcomer" der Recruiter Slamkunst. Das Teilnehmerfeld lässt mich großartiges erwarten. Ein Abend, bei dem Sie auf jeden Fall dabei sein sollten! Es sind schon reichlich Tickets verkauft, aber wie ich von den Veranstaltern Michael Witt und Tobias Meinhold erfahren habe: Es gibt noch welche. Also, machen Sie mit uns den Abend unvergesslich und seien Sie dabei! Mehr Infos zum Ablauf und zum Ticket gibt es hier. 

Und wenn Sie sich schon mal ein wenig einstimmen möchten ... hier mein Beitrag vom 1. Recruiterslam 2015 (man, was war ich da noch jung ;-))

Talent Management Forum vom 17. April 2018 in Frankfurt

Beim Talent Management Forum dreht sich alles um Talent Management in Theorie und Praxis. Nicht nur mit tollen Referenten wie Jan C. Weilbacher (mit dem ich in meinem Podcast u.a. über sein neues Buch gesprochen habe) und Prof. Dr. Peter Wald, sondern auch mit vielen Beiträgen von Personalern aus der eigenen Unternehmenspraxis und Workshop Angeboten. Besonders gespannt bin ich auf das Fallbeispiel "Innovative Ansätze beim Talent Recruiting aus der Sicht der Aareal Bank" von und mit Sebastian Sellinat. Wer die Aareal Bank und Sebastian ein wenig kennt wird wissen, dass es hier spannend wird! Gerahmt wird die Konferenz übrigens am 16.4 von einem Talent Management Seminar und am 18.4 vom HR & Workforce Analytics Forum. Schauen Sie sich das ganze Programm hier in Ruhe an ... und seien Sie dabei.

 

Sourcing Summit vom 25.-26. April 2018 in München

Der April ist unfassbar voll gepackt mit HR Events. Ich vermute, Sie können nicht überall dabei sein. Wer kann das schon? Aber wenn Sourcing für Sie ein Thema ist, egal ob als Anfänger oder Profi, dann müssen Sie auf jeden Fall zum Sourcing Summit. Es wird wieder eine tolle Mischung aus Vorträgen internationaler und nationaler Top Sourcer ergänzt durch zahlreiche Praxisberichte geben.  Das ganz genaue Programm entsteht gerade, aber wer letztes Jahr dabei war, wird bestätigen: Am Sourcing Summit kommt keiner vorbei 😉 Inhalt und Stimmung waren großartig. Einen winzig kleinen Eindruck können Sie hier von der Aufzeichnung meines Vortrags vom Sourcing Summit 2017 bekommen. Und hier bleiben Sie auf dem laufenden über das Programm 2018. Das Earlybird Ticketpreis gilt nicht mehr lange, also greifen Sie jetzt zu. Es lohnt sich wirklich!

personalmarketing2null & friends am 4. Mai 2018 in Wiesbaden

Der Henner Knabenreich feiert mit seinem weltweit ersten klimaneutralen nachhaltigen Netzwerktreffen für frechmutige PersonalerInnen (kurz Personalx) den 5. Geburtstag!!! Und "wetten dass" es wieder eine Riesenparty wird?! Sie dürfen übrigens auch wetten. Gegen den Fachkräftemangel. Und zeigen, wie Sie ihm die Stirn bieten (wenn es ihn überhaupt gibt?). Was dahinter steckt, Rückblicke vom letzten Jahr und Tickets gibt es hier. Schauen Sie rein und seien Sie dabei.

 

HR Events - wo sehen wir uns?

Für mich wird der April tatsächlich eine Herausforderung, denn ich werde bei allen drei genannten Terminen im April dabei sein. Und auch auf der TALENTpro. Beim Talent Management Forum werde ich übrigens eine Deutschlandpremiere präsentieren. Aber mehr kann/darf ich dazu noch nicht verraten. Eine Übersicht, wann und warum Sie mich wo finden, gibt es hier (falls es interessiert ;-)).

Also, sehen wir uns? Ich würde mich freuen.

Herzlichen Gruß,

Ihr Henrik Zaborowski

 

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